Kunstwerk des Monats im Juni 2006


04. Juni 2006
Johann Sebastian Bach d.J. (1748-1778): Badende Hirten im Wald, Eine Schenkung Wolfgang Stechows
Vorgestellt von: Dr. Gerd Unverfehrt

Johann Sebastian Bach d.J.: Badende Hirten im WaldJohann Sebastian Bach, der entgegen dem Willen seines Vaters Carl Philipp nicht Musiker wurde, starb als kaum 30-jähriger. Das künstlerische Handwerk gelernt hatte er bei Friedrich Adam Oeser in Leipzig, stark beeinflusst wurde er von den Idyllen Salomon Gessners und der niederländischen Landschaftskunst. Eine frühe Würdigung lobt seine Landschaftszeichnungen wegen ihres profunden Gefühls für die Natur - die erfundenen noch mehr als die beobachteten.

Dann war er mehr als 100 Jahre vergessen. Erst Stechow hat den Künstler Bach für die Kunstgeschichte neu entdeckt. Auch das als Kunstwerk des Monats Juni ausgestellte Blatt zählt zu den idyllischen Landschaften. In der Art Anthonie Waterloos zeichnet Bach eine dichten Baumschlag, davor links einige Männer beim Bade. Rechts ihre kleine Herde. Arkadische Unbeschwertheit liegt über der Szene, die Mensch und Natur in friedlichem Beieinander vereint.

Wolfgang Stechow

1981 erhielt die Kunstsammlung der Universität Göttingen aus dem Nachlaß des Kunsthistorikers Wolf-gang Stechow (1896-1974) neben vielen anderen Werken auch diese Waldlandschaft. Der Extraordinarius für Kunstgeschichte ist 1936 als Halbjude aus der Universität Göttingen vertrieben worden. Das Ehepaar Ursula und Wolfgang Stechow emigrierte in die USA. Die den Stechows angetane Schmach hat sie nicht abgehalten, in geradezu rührender Liebe sich nach Ende des Krieges erneut dem Göttinger Kunstgeschichtlichen Seminar und seiner Sammlung zuzuwenden. Nach 1945 waren Ursula und Wolfgang Stechow ständig zu Gast in Göttingen, und zwar zu den Händel-Festpielen. Auch hatte die Universität ihn 1972 als kleines Zeichen der Versöhnung zu einer Gastprofessur eingeladen. Ein anderer Teil seines Lebenswerks galt der Musik. Stechow beherrschte Cembalo und Klavier, Violine und Bratsche und saß 1920 im ersten Orchester der Händel-Festspiele. Auch gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Händel-Gesellschaft. Grund genug, ihn heute zu ehren.