Kunstwerk des Monats im Juni 2014


01. Juni 2014
"Petersburger Hängung" - Eine ungewohnte Sicht
Vorgestellt von: Dietrich Meyerhöfer

Kunstwerk des Monats Juni 2014 2An­läss­lich einer kleinen Um­ge­staltung der Gemälde­samm­lung und der Idee, dass nach längerer Zeit wie­der mehr nieder­ländische Ge­mälde des 16. und 17.Jahr­hunderts der Öffentlich­keit präsentiert werden sollen, kam die Idee auf, die Bilder in der so­genannten Peters­burger Hängung zu zeigen. Dabei werden die Ge­mälde eng neben und über­ein­ander ge­hängt.
Diese Art der Präsenta­tion ist für den heuti­gen Be­trachter un­ge­wöhnlich bis ver­störend. Sind wir es doch ge­wohnt, Kunst­werke möglichst einzeln zu be­trachten.

Wie hat sich Ge­mälde­hängung his­torisch ent­wickelt? Der eigene Typus einer Ge­mälde­galerie ent­wickelte sich erst im 17. Jahr­hundert aus den Kunst- und Wunder­kammern heraus. In diesen wurden neben Arte­fakten von Menschen­hand wie Skulp­turen, Arbeiten auf Papier und Ge­mälden be­sonders Gegen­stände der Natur zusammen­getragen, z. B. Muscheln, Steine, ge­trocknete Pflanzen und Vogel­federn. So­wohl Arteficialia als auch Natuaralia standen sich in diesen Kam­mern gleich­berechtigt gegen­über, wie auch im "Königlichen Academischen Museum" der Georgia Augusta, das 1773 ge­gründet worden war.

Im 17. Jahr­hundert wurden diese beiden Be­reiche von den Sammlern, egal ob adelig oder bürger­lich, in Spezial­sammlungen auf­ge­löst. Es ent­standen die ersten eigen­ständigen Museen, die sich aber bei­spiels­weise in den speziell für diesen Zweck ein­gerichteten Räumen für Ge­mälde stark von den heutigen Museen unter­schieden. Be­trachtet man sich Galerien des euro­päischen Hoch­adels, wie z. B. die des Erz­herzogs Leopold Wilhelm von Habs­burg­-Loth­ringen in Brüssel, sieht man, dass die Ge­mälde nach Schulen getrennt dicht neben- und über­ein­ander ge­hängt waren. Es fällt dem heutigen Be­trachter sehr schwer, sich inner­halb dieser Art der Präsentation zu orien­tieren. An diese Hängung haben sich dann auch die Museen bis weit ins 19. Jahr­hundert ge­halten. Auch die großen Privat­sammlungen wie z. B. die­jenige des Berliner Sammlers James Simon richten sich nach der Barock­hängung.

Erst am An­fang des 20. Jahr­hunderts kam es mit Über­gangs­lösungen zu einer Ge­mälde­präsenta­tion, wie wir sie heute kennen und schätzen. Eine erste Einzel­hängung konnten die Be­sucher der Berliner Jahr­hundert­aus­stellung in allen Räumen der National­galerie im Jahr 1906 erleben.