Prof. Dr. Miriam Gutekunst

Im Sommersemester 2024 vertrete ich Prof. Dr. Sabine Hess am Institut für Kulturanthropologie/Europäische Ethnologie. Seit vielen Jahren interessiere ich mich für gesellschaftliche Machtverhältnisse und Grenzziehungsprozesse. Dabei erweckten schon immer jene Themen meine besondere Neugier, die in der Öffentlichkeit besonders kontrovers und polarisierend diskutiert werden. Die Ethnographie stellt für mich eine Methodologie dar, die es ermöglicht komplexe Phänomene in unterschiedliche Akteursperspektiven aufzuschlüsseln und zu verstehen, wie diese in Diskursen, Politiken und Praktiken zusammenwirken.

Aktuell untersuche ich in dem Projekt „Ambivalentes Geschlechterwissen: Aushandlungen kultureller Differenz in feministischen Initiativen der postmigrantischen Gesellschaft“ (DFG, 2023-2027, LMU München) ethnografisch das Geschlechterwissen feministischer Initiativen, die sich gegen Phänomene wie ‚Zwangsheirat‘ oder ‚weibliche Genitalbeschneidung‘ engagieren. Mich beschäftigt dabei die Frage, wie in diesen Feldern das Verhältnis von Geschlecht und kultureller Differenz gewusst und im politischen Handeln in Position gebracht wird. Zur Geschlechterforschung kam ich im Zuge der transnationalen ethnographischen Forschung, die ich im Rahmen meiner Doktorarbeit zwischen Marokko und Deutschland durchführte. 2018 erschien sie unter dem Titel „Grenzüberschreitungen: Migration, Heirat und staatliche Regulierung im europäischen Grenzregime“. Die Forschung zeigte, wie in den untersuchten Institutionen und Behörden des europäischen Grenzregimes nicht nur über die Einreise entschieden wird, sondern auch Geschlechterverhältnisse und normalisierte Vorstellungen von Liebe und Ehe ausgehandelt werden.

In meiner wissenschaftlichen Arbeit ist mir die Verschränkung mit der Praxis wichtig. So arbeitete ich nach dem Abschluss meiner Dissertation zunächst außerhalb der Wissenschaft im Konzeptwerk Neue Ökonomie in Leipzig. Auch in meinen Forschungsprojekten verfolge ich kollaborative Ansätze in der Zusammenarbeit mit Akteur*innen aus den Forschungsfeldern und bemühe mich, meine Erkenntnisse in die Praxis zurück zu geben (in Zusammenarbeit mit Studierenden z.B. „Feministisch verändern: Räume, Kämpfe und Debatten in München“). Dazu gehören auch Vermittlungs- und Veranstaltungsformate, die ich im Rahmen des F*AMLab – Labor für feministische Forschung, Bildung und Praxis (Frauenakademie München e.V.) in der Vergangenheit organisiert habe.


Arbeitsschwerpunkte:

· Migrations- und Grenzregimeforschung

· Intersektionale Geschlechterforschung

· Wissens- und Politikanthropologie

· Feministische Bewegungen (als Forschungsgegenstand und -perspektive)

· Praxis des (ethnographischen) Schreibens

· Fragen engagierter Wissenschaft