Das Vorgängerprojekt

Von Oktober 2015 bis September 2019 wurde das Vorgängerprojekt "Umweltgerechtigkeit - Soziale Verteilungsmuster, Gerechtigkeitseinschätzungen und Akzeptanzschwellen lokaler Umweltbelastungen" gemeinsam mit der Johannes Gutenberg Universität Mainz und der ETH Zürich durchgeführt. Das Projekt wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und den Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (SNF) gefördert. Im Rahmen des Projektes befassten wir uns vor allem mit der sozialen Verteilung von Umweltbelastungen und wie diese durch die Bevölkerung beurteilt wurden. Die Befragungen fanden zu mehreren Zeitpunkten in den Städten Hannover, Mainz, Bern und Zürich statt. In Hannover und Langenhagen wurden 4000 zufällig ausgewählte Personen zwischen 18 und 70 Jahren angeschrieben. 1444 Personen haben an der Studie teilgenommen, was einer Ausschöpfungsquote von 36% entspricht. Dies erlaubt uns einen aufschlussreichen Einblick in die Lebensbedingungen und Wohnsituationen der Menschen in Hannover. Wir möchten an dieser Stelle daher allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern noch einmal herzlich danken!

Bruderer Enzler, Heidi, Andreas Diekmann, Jörg Hartmann, Lucie Herold, Katharina Kilburger, Karin Kurz, Ulf Liebe, and Peter Preisendörfer. Projekt "Umweltgerechtigkeit–Soziale Verteilungsmuster, Gerechtigkeitseinschätzungen und Akzeptanzschwellen": Dokumentation. ETH Zurich, 2019.

Wichtige Ergebnisse für Hannover im Überblick

Die 1444 Befragten, wir sprechen auch vom Untersuchungssample, sind 18 bis 70 Jahre alt. Das Durchschnittsalter der Befragten liegt bei 45 Jahren. 54% sind Frauen und 51% haben Kinder. Mit 61% weist ein hoher Anteil der Befragten ein Abitur auf, jedoch haben Befragte mit sehr unterschiedlicher Bildung teilgenommen. Rund 90 Prozent besitzen die deutsche Staatsbürgerschaft. Unter denjenigen mit einer anderen Staatsbürgerschaft bilden türkische Mitbürgerinnen und Mitbürger die Mehrheit (12%), gefolgt von polnischen (9%) und spanischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern (6%).

Lebenswert wird eine Stadt für ihre Bewohnerinnen und Bewohner unter anderem durch günstig gelegene und vielseitige Einkaufsmöglichkeiten, ein breites kulturelles Angebot, eine hohe Umweltqualität und eine gute Anbindung an den öffentlichen Verkehr. Daher haben wir erfragt, wie sehr die Befragten mit den verschiedenen Aspekten ihrer Wohnumgebung zufrieden sind.

Insgesamt werfen die Ergebnisse ein positives Bild auf die Stadt: So sind 70% mit den Einkaufsmöglichkeiten in ihrer Umgebung sehr zufrieden. Als weniger zufriedenstellend werden die kulturellen Angebote und die Umweltqualität beurteilt: Lediglich rund 40% der Befragten sind sehr zufrieden in diesen beiden Bereichen. Stattliche 82% sind dagegen sehr zufrieden mit ihrer Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. In allen vier Bereichen ist der Prozentsatz derer, die überhaupt nicht zufrieden sind, relativ gering. Am stärksten missfällt das kulturelle Angebot in der Wohngegend (rund 10% sind überhaupt nicht zufrieden). Auch hinsichtlich der Umweltbedingungen gibt es für einige Hannoveranerinnen und Hannoveraner Grund zu klagen. Hier finden sich 100 Personen (7%), die überhaupt nicht zufrieden sind.

Die Mehrheit der Befragten lebt in Reihenhäusern bzw. Doppelhaushälften und Mehrfamilienhäusern mit mehr als vier Wohnungen. Rund 70% der Teilnehmenden wohnen zur Miete. Im Durchschnitt bezahlen die Befragten 681 Euro Miete pro Monat, wobei die Unterschiede jedoch groß sind. Nur 5% der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zahlen über 1200 Euro Miete, während 90% der Befragten zwischen 330 und 1200 Euro bezahlen.

Fast die Hälfte der Befragten hat einen Garten am Haus. 8% nutzen einen Schrebergarten. 12% derjenigen, die keinen Garten haben, haben einen Schrebergarten zur Verfügung. Beinahe die Hälfte der Befragten (46%) sieht "viel Grün", wenn sie aus dem Fenster schauen. Nur rund 10% blicken auf gar keine Natur.

Die Lebensqualität wird jedoch nicht nur durch die Wohnumgebung bestimmt. Auch innerhalb der Wohnungen gibt es Faktoren, die die Lebensqualität verbessern, aber auch erheblich einschränken können. 12% der Befragten haben Schimmel oder Fäulnisbefall in der Wohnung. Immerhin rund 20% müssen im Sommer mit Hitze in der Wohnung leben. 22% wiederum berichten Probleme, ihre Wohnung im Winter angemessen zu heizen.

Eine Auswertung von Messdaten der Länder und des Umweltbundesamtes (UBA) ergab, dass die Luft in einigen deutschen Städten in der Vergangenheit zu stark mit Stickstoffdioxid belastet war. So haben die gemessenen Werte im Jahr 2016 an rund 57% der verkehrsnahen Messstationen in den deutschen Großstädten den Jahresmittel-Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter überschritten.

Auch in Hannover wurden diese Werte im Jahr 2016 überschritten. Erfreulicher ist die Lage bezüglich Feinstaub: Der Jahresmittel-Grenzwert von 40 μg/m³ ist in Hannover seit 2003 nicht mehr überschritten worden. Der Jahresmittelwert lag 2016 bei 16 μg/m³. Lediglich an sechs Tagen wurde der zulässige Tagesmittelwert von 40 μg/m³ im Jahr 2016 an einer Verkehrsstation überschritten.

Im Mittel fühlen sich die Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt eher wenig oder nur gering durch Luftverschmutzung belastet. Rund 44% gaben eine kaum oder nicht erlebbrare Belastung an. Rund 9% fühlen sich wiederum stark gestört. Bei Feinstaub verhält es sich ähnlich: Hier sind es 43%, die sich durch Feinstaub nicht oder kaum belastet fühlen, und 12% fühlen sich dagegen stark belastet. Die Mehrheit der Befragten berichtet keine nennenswerten gesundheitlichen Belastungen durch Luftverschmutzung. 86% geben an, dahingehend keine Probleme zu haben.

Auch die Lärmbelastung ist ein wichtiges Thema für die Lebensqualität. Lärm kann sehr unterschiedliche Quellen haben – vom Straßenverkehr bis hin zu Lokalen oder Geschäften im Nachbarhaus. Insgesamt fühlt sich nur ein relativ kleiner Anteil der Befragten durch die verschiedenen Lärmquellen gestört. Dabei stellt Straßenverkehrslärm sowohl nachts als auch tagsüber für die Bewohnerinnen und Bewohner Hannovers die am stärksten belastende Lärmquelle dar. Zweitstärkste Lärmquelle ist in der Nacht Schienenlärm, tagsüber ist es der Lärm durch Nachbarn.

Negative Folgen von Lärm für ihre eigene Gesundheit berichtet nur ein kleiner Teil der Befragten; insgesamt fühlen sich 88% der Befragten durch Lärm in ihrer Wohnumgebung gesundheitlich nicht beeinträchtigt. Des Weiteren ist bemerkenswert, dass sich die Befragten subjektiv gesehen in einer guten Position wiederfinden: 62% sind der Meinung, im Vergleich zu anderen weniger Umweltbelastungen ausgesetzt zu sein.

Der Durchschnitt aller Angaben zur subjektiven Gesundheit liegt bei 7, auf einer Skala von 0 "sehr schlecht" bis 10 "sehr gut". Im Mittel fühlen sich die Befragten also eher gesund. Ebenso sind die Hannoveraner mit ihrem Leben zufrieden: Der Durchschnitt der Angaben zur Frage nach der Lebenszufriedenheit liegt bei 7,4 (Skala von 0 "gar nicht zufrieden" bis 10 "voll und ganz zufrieden").

Parks und ähnliche Erholungsflächen tragen zum allgemeinen Wohlbefinden und zur Zufriedenheit in Großstädten bei. Hannover ist eine recht grüne Stadt. Die Eilenriede, die Herrenhäuser Gärten, der Zoo – Hannovers Grünflächen bieten vielseitige Strukturen und Nutzungsmöglichkeiten. Entsprechend nutzen 70% der Befragten Grünflächen wie Parks in ihrer Wohngehend mindestens mehrmals im Monat. Am häufigsten werden Parks zur Entspannung aufgesucht. Jeweils rund ein Drittel der Befragten treibt mindestens einmal im Monat in Grünflächen Sport oder trifft sich dort mit Freunden. Nur rund 7% halten sich nie in Grünflächen auf. Schlussendlich zeigen die Ergebnisse, dass mehr als die Hälfte (54%) der Befragten sich stark oder sehr stark mit der Stadt Hannover identifizieren.