Presseinformation: Kinder älterer Väter haben selbst weniger Kinder

Nr. 172/2017 - 13.09.2017

Internationales Forscherteam wertet Familiendaten aus vier Populationen über vier Jahrhunderte aus

(pug) Das durchschnittliche Alter von Eltern bei der Geburt ihrer Kinder steigt in Industrieländern seit den 1970er-Jahren. Je älter der Vater bei der Befruchtung ist, desto größer ist die Anzahl neuer genetischer Mutationen, die er an das Kind weitergibt. Ein internationales Forscherteam unter der Leitung der Universität Göttingen hat in einer historisch und international vergleichenden Studie herausgefunden, dass Kinder älterer Väter selbst weniger eigene Kinder zeugen. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Proceedings of the Royal Society B erschienen.

Das Forscherteam der Universität Göttingen, des schwedischen Karolinska-Instituts, des Max-Planck-Instituts für demographische Forschung in Rostock, der University of Queensland und der Universität Münster wertete Daten zu Familien aus vier Populationen über vier Jahrhunderte aus. In drei präindustriellen Populationen aus dem 17. bis 19. Jahrhundert sowie einer schwedischen Kohorte aus dem 20. Jahrhundert untersuchten sie insgesamt über 1,4 Millionen Individuen. Das durchschnittliche Fortpflanzungsalter blieb über die Jahrhunderte vergleichbar, weil die meisten Menschen zwar heutzutage später anfangen, sich fortzupflanzen, insgesamt aber weniger Kinder bekommen und deshalb jünger wieder aufhören als frühere Generationen.

Die durch die Väter weitergegebenen Mutationen werden mit erhöhtem Risiko von körperlichen und psychischen Krankheiten wie einer Störung im Knochenwachstum (Achondroplasie) und Autismus, aber auch mit reduzierter Intelligenz in Zusammenhang gebracht. „Es ist also zu erwarten, dass diese Mutationen im Mittel die evolutionäre Fitness senken“, so der Erstautor der Studie, Ruben Arslan vom Georg-Elias-Müller-Institut für Psychologie der Universität Göttingen. „Es besteht die Sorge, dass in der heutigen Zeit sowohl das Aufkommen von Mutationen erhöht, als auch die Kraft der natürlichen Selektion gegen Mutationen geschwächt ist.“

Die Auswertung der Datensätze ergab, dass im Vergleich mit ihren Geschwistern die Kinder älterer Väter eher in der Kindheit sterben und selbst weniger Kinder haben. Die Unterschiede sind recht klein, aber auf gesamtgesellschaftlicher Ebene relevant. Das Forscherteam nutzte den Indikator Vateralter, um indirekt zu verstehen, was für Auswirkungen neue Mutationen auf Kinder haben – unter Berücksichtigung weiterer, nicht genetischer Störfaktoren. „Die negativen Effekte des Vateralters sind im modernen Schweden trotz deutlich reduzierter Kindersterblichkeit, moderner Medizin und sozialen Transfers noch ähnlich stark wie in den präindustriellen Populationen“, so Arslan. „Dies spricht indirekt gegen die Sorge einer steigenden Mutationslast unserer Gesellschaft.“

Originalveröffentlichung: Arslan, Ruben C. et al. (2017). Older fathers’ children have lower evolutionary fitness across four centuries and in four populations. Proceedings of the Royal Society B 20171562. http://rspb.royalsocietypublishing.org/content/284/1862/20171562.

Kontakt:
Ruben C. Arslan
Georg-August-Universität Göttingen
Fakultät für Biologie und Psychologie
Georg-Elias-Müller-Institut für Psychologie
Goßlerstraße 14, 37073 Göttingen
Telefon (0551) 39-20703
E-Mail: ruben.arslan@uni-goettingen.de
Internet: www.psych.uni-goettingen.de/de/biopers/team/arslan