Digitale Edition des koptisch-sahidischen Alten Testaments (Akademievorhaben ab 1.1.2015)

Ansprechpartnerin: Heike Behlmer

Die Göttinger Koptologie hat am 1.1.2015 in enger Zusammenarbeit mit einer ganzen Reihe von Wissenschaftlern und Forschungsvorhaben aus dem In- und Ausland die Arbeit am koptisch-sahidischen Alten Testament wieder aufgenommen, einem der größten Übersetzungsprojekte der Spätantike und der Grundlage fast der gesamten in koptischer Sprache, der letzten Sprachstufe des Altägyptischen, überlieferten Literatur. Diese Literatur ist zu großen Teilen die literarische Hinterlassenschaft der ägyptischen Kirche, einer der ältesten und bedeutendsten Kirchen der Christenheit, die ihre Ursprünge auf die Mission des Evangelisten Markus in Alexandria zurückführt. Heute hat die koptisch-orthodoxe Kirche, die nach der Kirchenspaltung im Gefolge des Konzils von Chalcedon (451) aus ihr hervorging, ihr Zentrum in Kairo. Ihr steht der 118. Patriarch auf dem Stuhl des Hl. Markus, Papst Tawadros II., vor.

Leider gibt es bis heute keine Gesamtedition des koptischen Alten Testaments in der sahidischen Sprachform des Koptischen, der dominanten Sprachform des 1. Jtsd. n. Chr. Dies hat wissenschaftshistorische Gründe, vor allem die Zerstreuung der Handschriften wichtiger Klosterbibliotheken Ägyptens seit dem ausgehenden Mittelalter und das wenig ausgeprägte Interesse früherer Forschergenerationen an der koptischen Literatur. Ein Projekt, das sich ab dem Ende der 90er Jahre des 20. Jh. an der Universität Halle-Wittenberg diesem Desiderat der Forschung widmete (Walter Beltz, Frank Feder, Jürgen Horn, Peter Nagel), konnte leider nicht vollendet werden. Die gesamten Materialien dieses Projektes (z.B. Photos, Kollationshefte) sind dem neuen Editionsvorhaben vom Seminar Christlicher Orient und Byzanz in Halle freundlicherweise zur Digitalisierung in Göttingen überlassen worden.

Das Vorhaben wird eine große Lücke in der Erforschung des christlichen Ägypten und in den biblischen Wissenschaften schließen: neue Erkenntnisse zu dieser bedeutenden Texttradition der christlichen Bibel, der Hauptquelle für die koptische Sprache und Grundlage fast der gesamten koptischen Literatur, der eindrucksvollen Übersetzungsleistung noch wenig erforschter multilingualer Milieus des spätantiken Ägypten und nicht zuletzt der Grundlage einer bedeutenden Kultur und Kirche mit 2000jähriger Tradition und ungewisser Zukunft blieben ohne die Edition des koptischen Alten Testaments ohne sicheres Fundament.

Die neue Gesamtedition ist von Grund auf digital angelegt und wird damit die Fortschritte der Digital Humanities für die Erforschung der koptischen Bibel nutzbar machen. Am Ende wird eine elektronische Edition vorliegen, die nicht nur für den Benutzer interaktiv und leicht zugänglich angeboten wird, sondern auch alle Bestandteile (Handschriftenbeschreibung, Digitalisate, Transkriptionen, Kollationen, Textausgabe und Übersetzung, sowie Elemente der Virtuellen Editions- und Forschungsumgebung) durch entsprechende Schnittstellen und Metadaten weiteren Forschungsvorhaben zur Verfügung stellen kann.


Aktivitäten in Verbindung mit diesem Vorhaben:


  • Internationale Tagung Digitale Edition der koptisch-sahidischen Septuaginta: Fragestellungen und Herausforderungen (April 2013).

    Bei dieser dank der großzügigen Gastfreundschaft S. E. Bischof Damians im koptischen Kloster Höxter-Brenkhausen durchgeführten Konferenz zogen Wissenschaftler aus dem In- und Ausland in Anwesenheit von Peter Nagel, dem Doyen der koptologischen Bibelforschung, dem die Veranstaltung gewidmet war, eine Bilanz der bisherigen Forschungen zum koptischen Alten Testament und zeigten Zukunftsperspektiven auf. Der erste Band der Tagungsakten (hrsg. von Heike Behlmer, Frank Feder und Ute Pietruschka) ist 2015 als elektronische Publikation erschienen (download hier).
  • Lehrveranstaltungen zu "Digital Coptic"

    Im Sommersemester 2013 und im Wintersemester 2013/2014 leitete Juan Garcés zwei Workshops für Studierende zur Digitalisierung koptischer (Bibel)texte. Der Fokus im ersten Workshop lag auf der Kodierung von koptischen Texten in TEI / XML, im zweiten auf korpuslinguistischen Fragestellungen und digitalen Werkzeugen (z.B. Konkordanzprogrammen). Ein weiterer Workshop im Sommersemester 2015 (Dozent: Uwe Sikora) setzt diese Reihe fort.
  • Kompakte Liste der Bezeugungen der koptischen Bibel (Karlheinz Schüssler).

    Die digitalisierte Liste wird dem Wunsch unseres Ende 2013 unerwartet verstorbenen Kollegen, Förderers und Kooperationspartners Karlheinz Schüssler folgend demnächst auf der Seminarwebseite abzurufen sein.
  • Sommerschule zur koptischen Bibel

    Vom 20.7.-1.8. 2015 fand in Göttingen und Hamburg eine Sommerschule "The Coptic Bible and Coptic Literature in the Digital Age" statt (gefördert von der Volkswagenstiftung). Dozenten in Göttingen: Nathalie Bosson, Marco Büchler, Frank Feder, Ulrich Schmid, Uwe Sikora; Dozenten in Hamburg: Paola Buzi, Alberto Camplani, Tito Orlandi, Ute Pietruschka, Alin Suciu.