In publica commoda

Schädling im Kornspeicher als Modellorganismus für die Evolution

Göttinger Forscher untersuchen Gehirnentwicklung des rotbraunen Reismehlkäfers

Der rotbraune Reismehlkäfer, der schon in den Grabbeigaben der Pharaonen zu Hause war und heute in Kornspeichern als Schädling gefürchtet ist, dient der Wissenschaft als Modellorganismus zur Erforschung der Evolution. Mit Tribolium castaneum konnte nun erstmals die Basenabfolge eines gesamten Käfer-Erbguts komplett bestimmt werden – Voraussetzung für die Identifizierung von mehr als 16.000 Genen. An diesem internationalen Projekt waren Entwicklungsbiologen, Forstwissenschaftler und Bioinformatiker der Georg-August-Universität beteiligt. Anhand der Genomsequenz haben die Göttinger Forscher unter anderem die frühe Gehirnentwicklung des Käfers untersucht und diese mit der des Menschen verglichen. Dabei hat sich herausgestellt, dass es für 30 der 35 menschlichen Gene, die die Unterteilung des Gehirns steuern, eine Käfer-Kopie gibt.

Bucher Wimmer Käfer Genom
Untersuchungen zur Gehirnentwicklung bei Mensch und Käfer: Juniorprofessur Dr. Gregor Bucher und Prof. Dr. Ernst A. Wimmer

Der Reismehlkäfer wird bereits seit längerem am Johann-Friedrich-Blumenbach-Institut für Zoologie und Anthropologie erforscht. Ein Schwerpunkt der in der Abteilung Entwicklungsbiologie von Prof. Dr. Ernst A. Wimmer angesiedelten Arbeiten liegt auf der Evolution von Kopf und Gehirn. So hat das Forscherteam von Juniorprofessor Dr. Gregor Bucher im Genom des Käfers nach solchen Genen gesucht, die im ganz jungen Menschen-Embryo für die Bildung des Gehirns zuständig sind. Neben der Identifizierung der entsprechenden Käfer-Gene ergaben die Göttinger Untersuchungen ein weiteres überraschendes Ergebnis: Dieselben Gene, die das Vorder- und Mittelhirn des Menschen unterteilen, tun dies in einem ähnlichen Muster auch im vorderen Teil des Insekten-Gehirns.

Die Forschungsergebnisse hat die Fachzeitschrift „Nature“ in ihrer Ausgabe vom 27. März 2008 veröffentlicht.