Workshop „Spirits in Modern Southeast Asia – Challenges for Societies and Scientists“, vom 18. - 19.09.10 am Lichtenberg-Kolleg, Göttingen.

Geister spielen eine wichtige Rolle im gesellschaftlichen Leben Südostasiens. Aktuelle Modernisierungsprozesse scheinen diese Entwicklung vielerorts nicht zu schwächen, sondern zu stärken. ‚Moderne’ als philosophisches Konzept und soziologische Kategorie basiert auf der Vorstellung einer allmählichen, aber stetigen Zunahme von Bildung und Wissenschaft, die wachsende Transparenz in Bereichen von Politik, Ökonomie wie Religion befördert. Aus dieser Perspektive repräsentieren Geister Vertreter einer obskuren Vormoderne.

Doch entgegen dieser weit verbreiteten Rationalisierungskonzepte von ‚Moderne‘ steigt die Popularität von Geistern in den Gesellschaften Südostasiens weiter an. Die Prozesse, die Casanova in Anbetracht von Webers Säkularisierungsthese als eine „Wiederverzauberung“ der westlichen Welt bezeichnet, stellen sich auch als Herausforderungen für die modernen Gesellschaften Südostasiens dar. In Ländern wie China, Vietnam und Korea werden „irrationale“ Geister von staatlicher oder religiöser Seite abgelehnt, ähnlich verhält es sich mit Thailand, Malaysia und Indonesien. Rituale, die Geister involvieren, werden als ‚vormodern‘ angesehen. Ethnologische Studien haben jedoch in den letzten Jahren vielfach belegt, dass die rituelle Praxis mit Geistern keine marginalisierte Erscheinungsform populärer Religiosität darstellt, sondern von einem Großteil der Menschen in den südostasiatischen Gesellschaften praktiziert wird. Fragen der Moral und der Ethik müssen in Zeiten des modernen Umbruchs neu verhandelt werden. Die Verstorbenen spielen bei diesen Fragen eine zentrale Rolle, was die Konjunktur der Geister erklärt. Denn für die meisten Menschen sind Geister Teil jener Gesellschaften und tragen aktiv zur ihrer Mitgestaltung bei.

Die Verbreitung von Geisterkonzepten findet zu großen Teilen über populäre Medien statt. Im Kino und Fernsehen werden Bilder von Geistern geprägt. Die Erforschung der populären Medien ist dadurch besonders sinnvoll, da sie für den gegenwärtigen Aufschwung von Geisterglauben mitverantwortlich sind. Sie prägen Konzepte von Geistern und tragen beträchtlich an ihrer Modifikation und Etablierung bei.

Für Wissenschaftler, die diese Prozesse untersuchen, sind Geister ein schwer zu fassendes Phänomen. Aus rezenten Studien wird deutlich, dass sich Geister vor allem auch als Indikatoren für gesellschaftliche Prozesse eignen. Durch sie werden tabuisierte Themen zur Sprache gebracht, Trauma verarbeitet, politische Entscheidungen gefällt und Konflikte ausgehandelt. Ihre wissenschaftliche Rezeption ist vielfältig: sie werden unter anderem als pathologische Phänomene, politische Akteure, Objekte, Informanten, Aktanten oder Fabelwesen verstanden. Eine einheitliche Sicht auf Geister scheint es nicht zu geben, dafür ist der Varietät der Methoden derzeit keine Grenze gesetzt.



Im Workshop „Spirits in Modern Southeast Asia – Challenges for Societies and Scientists“ wollen wir in diesen Panels verschiedene Konzepte von Geistern zusammentragen und diskutieren:

  • Geister als Herausforderung für moderne Gesellschaften
  • Geister in gegenwärtigen Mediendiskursen
  • Geister als methodologische Herausforderung für Wissenschaftler



Im Rahmen des Workshops sollen Vorträge gehalten werden. Wir werden ein Abendprogramm mit Filmvorführungen anbieten und eventuell eine Form hiesiger Geisterpraktiken besuchen.