Call for Papers

XXXIII. Forum Junge Romanistik
Göttingen, 15.-17. März 2017

Transformationen | Wandel, Bewegung, Geschwindigkeit


Unsere Welt ist in Wandel begriffen: Immer stärker und mittlerweile täglich können wir beschleunigte Bewegungen, die zu (unumkehrbaren) Veränderungen führen, in unserem Umfeld verfolgen. Sekundenschneller digitaler Datentransfer, der ein beschleunigtes Leseverhalten und den Umgang mit einer immer höheren Informationsdichte fordert, die stetige Ausbreitung städtischer Lebensformen im Verhältnis zu der zunehmenden Mobilität und Migration sind Aspekte, die unseren Alltag prägen. Der Eindruck der sich immer weiter erhöhenden Schnelligkeit von Veränderungen führt zur expliziten Thematisierung von Orientierungslosigkeit in der täglichen Berichterstattung, in Literatur und bei der Planung individueller Lebenswege. Gleichzeitig werden auch der Ausdruck von und das Bedürfnis nach Verlangsamung immer präsenter.

In der Romania treffen verschiedenste Sprachräume, Literaturen und Kulturen aufeinander, die in komplexen Beziehungen mit sozialen und politischen Entwicklungen stehen. Die Gegenstände unserer romanistischen Disziplinen wandeln sich angesichts der beschriebenen Phänomene. Doch auch die Disziplinen selbst sind im Wandel begriffen. Dieser Vielfalt und Dichte soll das dreitägige Forum Junge Romanistik 2017 eine interdisziplinäre Plattform bieten, um aktuelle und historische Transformationsprozesse aus unterschiedlichen Perspektiven der Romanischen Philologie zu analysieren, ihre Funktionsweisen und Implikationen aufzuzeigen und auch das eigene Verständnis von romanistischer Forschung selbstreflexiv zu diskutieren.

Arbeiten zu Bewegung und Wandel in z.B. Kanon, Sprachkontakt und Sprachpolitik, Mythen, Wissen oder als Rezeptionsphänomene sind bisher selten interdisziplinär und in gebündelter Weise unter dem Dachbegriff "Transformation" diskutiert und theoretisiert. Hier setzt die Tagung an: Nach der Konzentration auf unterschiedliche Phänomene von Transformation in der Romania möchten wir auch nach der heutigen gesellschaftlichen Bedeutung geisteswissenschaftlicher und insbesondere romanistischer Forschung fragen und den Dialog mit Akteuren unserer Gesellschaft (z.B. Schule, sprachpolitischen Institutionen) zur komplexen Verwobenheit von Kultur, Literatur, Sprache und Gesellschaft ermöglichen, um der nationalen und internationalen Relevanz dieser Veränderungen Rechnung zu tragen.

Beiträge aus der romanistischen Literaturwissenschaft, Linguistik, Fachdidaktik und Kulturwissenschaft sowie aus benachbarten Disziplinen mit Schnittstellen zur Romanistik, wie z.B. aus der Geschichtswissenschaft, Anthropologie, Komparatistik oder den Gender Studies sind herzlich willkommen.

Ziel ist es, die einzelnen Panels interdisziplinär zu besetzen, um somit die Aspekte Wandel, Bewegung und Geschwindigkeit unter verschiedenen Blickwinkeln zu fokussieren. Mögliche Schwerpunkte sind beispielsweise:


  • Theorie- und Disziplinengeschichte: Paradigmen, Umbrüche, Transformationen
  • Modelle, Theorien und Konzepte von Transformationsprozessen
  • Verschleierte Transformationen und die Illusion der Kontinuität
  • Geschwindigkeit: Beschleunigung, Entschleunigung, Stagnation
  • Sprachpolitik: Steuerung, forcierter Wandel, externe Bestimmungen
  • Gescheiterte Transformationen
  • Revolutionen, Reformen und ihre Narrativierung
  • Transformation durch Rezeption
  • Kanonisierungen: Sprache, Literatur und Wissen
  • Ästhetische Transformationen: Wandel von Konzeptionen zu Körper und Schönheit
  • Mythen, Transformationsnarrative und Identitäten
  • Transmedialität / Intermedialität / Adaption
  • Wandlung von/durch Wissen, Expertise und Kompetenz
  • Strategien der Versprachlichung von Bewegung und Stillstand
  • Migration und Generationen
  • Sprachkontakt und Mehrsprachigkeit


Darüber hinaus bieten sich z.B. auch folgende disziplinäre Anknüpfungspunkte an:



Sprachwissenschaft

Wandel und Bewegung sind Bestandteil der meisten Sprach- und Sprechvorgänge. Man findet sie in unterschiedlicher Form in vielen Bereichen der linguistischen Teildisziplinen: bei sprachhistorischen Wandelprozessen und diasystematischer Variation sowie bei Transformationen auf morphologischer, syntaktischer oder einer anderen systemlinguistischen Ebene.

Ziel unserer Tagung ist es, konstruktive und kreative Blickwinkel auf Phänomene des Wandels in der synchronen und diachronen Sprachwissenschaft zusammenzubringen, um innovativen Ideen und Theorien Raum zu geben und sie zur Diskussion zu stellen.

Impulse für sprachwissenschaftliche Beiträge aus allen Teildisziplinen könnten sein:


  • Arbeiten zu den verschiedenen Grammatiktheorien oder Grammatikalisierungsprozessen sowie zu strukturellen Phänomenen in Schnittstellenbereichen (wie Phonologie-Syntax, Semantik-Syntax)
  • Untersuchungen zur Sprachgeographie, Varietätenlinguistik, Typologie und Etymologie
  • Studien im Berührungsfeld der Linguistik mit anderen Disziplinen wie der Sprachphilosophie, Sprachpolitik, Soziolinguistik und Mehrsprachigkeitsforschung (z.B. Migration und Sprachkontakt)



Literaturwissenschaft

Das transformatorische Potential von Literatur kann in vielfacher Perspektive betrachtet werden. Die Ebenen von Textproduktion und -rezeption sowie das Untersuchen von Formen der Darstellung und vom Dargestellten weisen einzeln und in ihrer Verflechtung auf soziokulturell und ökonomisch gebundene Veränderungen hin und können synchron oder diachron (z.B. nach diskursiv konstruierten Epochengrenzen) untersucht werden. Gattungsspezifische Grenzen und Bedingungen der literarischen Darstellung von Veränderungen und ihre jeweilige Dynamik (z.B. narratologische Be- und Entschleunigung; Metamorphosen von Figuren und Textelementen) können neu verhandelt werden. Metaliterarische, ästhetische und poetologische Fragen nach der Darstellbarkeit von zirkulären Bewegungen oder fortschreitenden Entwicklungen im Text können hinsichtlich ihrer spezifischen Kontexte untersucht werden.

Impulse für literaturwissenschaftliche Beiträge könnten sein:


  • Bezüge zu Reformprozessen oder Revolutionen (z.B. zur Literatur in der Aufklärung oder zu literarischen Strömungen wie dem Modernismus) sowie ein Aktualitätsbezug zu den Veränderungen der Literaturproduktion, -vermittlung und -rezeption im Zeitalter der Digitalisierung. Inwiefern kann Literatur gesellschaftliche und literarische Wandlungs- und Transformationsprozesse erproben und gestalten?
  • Transformation von Inhalten und Formen im Zuge von Adaptionen von Texten in andere Gattungen und Medien sowie über Epochen hinweg
  • Kulturwissenschaftliche Anschlüsse (beispielweise in Bezug auf Mythenforschung): Muster der Narration, Zirkularität, Wandel bzw. Metamorphosen von und in Mythen, Transformation mythologischer Stoffe
  • Wie reagiert Literatur auf gesellschaftliche Veränderungen? Was bedeuten diese für die Literatur? Welche Veränderungen ergeben sich für Literatur und Medien, ihre Produktions- und Rezeptionsbedingungen sowie -prozesse?



Kulturwissenschaft

Transformationen spielen eine zentrale Rolle in der kulturwissenschaftlichen Forschung. Dabei interessieren die Überformung und Wandlung von Kultur genauso wie die Frage, wie Wandlungsprozesse wahrgenommen werden und wie auf Wandlungsdruck reagiert wird.

Impulse für kulturwissenschaftliche Beiträge könnten sein:


  • Formen von Wissenszirkulation, -repräsentation und -speicherung und ihre Folgen für die Veränderung von Wissen
  • Wandlungsprozesse, die materielle Kultur, Praktiken, Glaubensinhalte etc. durch ihren Transfer zwischen verschiedenen Kulturräumen (z.B. zwischen Europa und der außereuropäischen Welt) oder sozialen Räumen (z.B. zwischen Gelehrten- und Volkskultur) durchmachen
  • Verschleierte Transformationen von Riten, Mythen und Symbolen durch Nation-Building-Prozesse in der Romania sowie Phänomene von Erfindung der Tradition
  • Revolutionen als kulturelle Paradigmen transformatorisches Handelns: ihre Stilisierung, Narrativierung und Fixierung als entscheidende Umbruchmomente im kulturellen Gedächtnis



Fachdidaktik

Forschung zu Fremdsprachenlehrenden, -lernenden und -unterricht thematisiert Transformationen unter anderem in Folge von PISA, GER und Bildungsstandards, ist aber auch selbst von theoretischen und methodischen Entwicklungen geprägt. Sich wandelnde Konzepte von Kultur und AkteurInnen stellen dabei eine Achse für die Vermittlung interkultureller Kompetenz dar, insbesondere angesichts der ständig bedeutsamer werdenden Mehrsprachigkeit und verstärkter Migrationsbewegungen. Damit verknüpft steigt die Bedeutung der Fähigkeit zur Sprachmittlung.

Impulse für fachdidaktische Beiträge könnten sein:


  • Bildungsprozesse in und durch Fremdsprachenunterricht, Spracherwerb und/ oder kulturelle Fremdheitserfahrungen
  • Wie viel Transformation darf ein Text oder mediales Produkt in Hinblick auf seine Didaktisierung erfahren? Welche Rolle spielt dabei das Konzept von Authentizität aus Sicht der Lehrenden und Lernenden?
  • Transformieren komplexe Lernaufgaben den Fremdsprachenunterricht oder handelt es sich um ein weiteres methodisches Strohfeuer?
  • Wie müssen didaktische Ansätze und Konzepte gestaltet sein bzw. sich ändern, um auf Herausforderungen wie die Diversität der Lernenden reagieren zu können?



Allgemeines

Das FJR findet vom 15. - 17. März 2017 in Göttingen statt. Konferenzsprachen sind Deutsch, Englisch und romanische Sprachen.

Themenvorschläge (ca. 300 Wörter) und kurze biographische Angaben können bis zum 15. September 2016 geschickt werden an: fjr2017@uni-goettingen.de. Eine Auswahl der Beiträge erfolgt bis Mitte November 2016.

Wir sind derzeit darum bemüht, eine finanzielle Förderung von Reise- und Übernachtungskosten der Referenten und Referentinnen zu ermöglichen. Voraussichtlich wird ein Unkostenbeitrag in Höhe von 30 Euro erhoben werden.


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