Erwachsenenschutz


Das Erwachsenenschutzrecht ist das Recht der Unterstützung und des Schutzes von Erwachsenen, die aufgrund von Krankheit oder Behinderung nicht in der Lage sind, ihre Angelegenheiten selbst wahrzunehmen. Traditionelle Instrumente sind die Entmündigung sowie die Vormundschaft über Erwachsene und die (zwangsweise) Gebrechlichkeitspflegschaft. Diese Instrumente sind noch heute weltweit verbreitet. Sie werden aber schon seit längerem heftig kritisiert, da sie einen starken Eingriff in die Grund- und Menschenrechte des betroffenen Menschen darstellen.

In Deutschland wurde 1992 mit dem Betreuungsgesetz anstelle von Entmündigung, Vormundschaft und Gebrechlichkeitspflegschaft ein neues und flexibles System etabliert, das neben der rechtlichen Betreuung als zentrales staatliches Instrument der Unterstützung und des Schutzes auch die privat organisierte Vorsorgevollmacht anerkennt. Weitere Instrumente privater Vorsorge sind die Betreuungsverfügung zur Ausgestaltung der rechtlichen Betreuung und die Patientenverfügung.

Mit der Reform des Betreuungsrechts 2023 führte Deutschland als dritte Säule des Erwachsenenschutzes neben Vorsorgevollmacht und rechtlicher Betreuung die gegenseitige Vertretung von Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern in gesundheitlichen Notfällen (§ 1358 BGB) ein.

Prof. Dr. Dr. h.c. Volker Lipp forscht seit langem im Bereich des Erwachsenenschutzes, sowohl in Deutschland, als auch international. Er hat auch an der Reform 2023 als Wissenschaftler und als stellvertretender Vorsitzender des Betreuungsgerichtstags e.V. durch Vorträge und Publikationen sowie in Arbeitsgruppen des Bundesministeriums der Justiz und durch Stellungnahmen im Gesetzgebungsverfahren mitgewirkt. Seine Veröffentlichungen zur Reform 2023 sowie zum Erwachsenenschutz finden Sie hier, seine Vorträge und weitere Tätigkeiten finden Sie hier.

Bei der rechtlichen Betreuung handelt es sich um staatlich organisierten Erwachsenenschutz. Ein rechtlicher Betreuer wird vom Betreuungsgericht bestellt, wenn der Betroffene aufgrund von Krankheit oder Behinderung seine Angelegenheiten nicht mehr selbst besorgen kann und die erforderliche Unterstützung und der notwendige Schutz nicht anderweitig gewährleistet sind. Der Betreuer soll den Betroffenen bei der Wahrnehmung seiner Angelegenheiten unterstützen und davor schützen, dass andere seine Schwäche und Verletzlichkeit ausnutzen oder dass er sich selbst schädigt. Die Betreuung ist konsequent am individuellen Bedarf des Betroffenen auszurichten und seine verbliebenen Fähigkeiten sind zu berücksichtigen. Der Aufgabenkreis des Betreuers ist gerichtlich genau festzulegen. Der Betreuer darf von seiner Vertretungsmacht nur dann Gebrauch machen, wenn dies erforderlich ist. Eine Betreuerbestellung gegen den freien Willen des Betroffenen ist nicht möglich. Der Betroffene wird durch die rechtliche Betreuung nicht in seiner rechtlichen Handlungsfähigkeit beschränkt. Nur für Vermögensangelegenheiten kann das Gericht einen Einwilligungsvorbehalt anordnen, soweit dies zur Abwehr erheblicher Gefahren erforderlich ist.

Informationen zur rechtlichen Betreuung finden Sie auf der Website des Bundesministeriums der Justiz.
Eine Alternative zum staatlichen Erwachsenenschutz ist es, selbst Vorsorge für Alter und Krankheit zu treffen. Dazu gehören vor allem die privat organisierte Vorsorgevollmacht und die Patientenverfügung. Darüber hinaus ermöglicht die Betreuungsverfügung die selbstbestimmte Ausgestaltung der rechtlichen Betreuung.

Vorlagen finden Sie hier:

Reform des Betreuungsrechts 2023: „Zu mehr Selbstbestimmung in der Betreuung"

In den Jahren 2015 und 2017 wurden im Auftrag des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz zwei Forschungsvorhaben zur „Qualität in der rechtlichen Betreuung“ und zur „Umsetzung des Erforderlichkeitsgrundsatzes in der betreuungsrechtlichen Praxis im Hinblick auf vorgelagerte ‚andere Hilfen‘“ durchgeführt. Diese zeigten, dass die in Artikel 12 des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) geforderte größtmögliche Selbstbestimmung von betreuten Personen im Vorfeld und innerhalb einer rechtlichen Betreuung noch nicht hinreichend verwirklicht ist und es Qualitätsmängel bei der praktischen Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben gibt. Vor diesem Hintergrund und weiterer Kritik an Gesetz und Praxis ist das Betreuungsrecht durch das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts, verabschiedet am 04.05.2021 und in Kraft getreten am 01.01.2023, umfassend reformiert worden. Die Reform zielt darauf ab, die Selbstbestimmung der betreuten Person stärker als bisher in den Mittelpunkt des Betreuungsrechts und der Betreuungspraxis zu setzen. Auch die Regelungen zur Vorsorgevollmacht wurden reformiert.

Informationen zur Reform finden Sie auf der Website des Bundesministeriums der Justiz.