19/10/2011:
Teilzeitjobber erobern den Arbeitsmarkt – nicht immer freiwillig

Im aktuellen DIW Wochenbericht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) befasst sich der DIW-Wissenschaftler Karl Brenke mit der Entwicklung der Teilzeitbeschäftigung. Er sieht die Ausbreitung der Teilzeitjobs als Resultat eines grundlegenden strukturellen Wandels des Arbeitsmarktes.

Angesichts der von Brenke präsentierten Arbeitsmarktzahlen ist der Trend zur Teilzeitbeschäftigung in Deutschland unübersehbar. Nach Aussage des Autors sei der Beschäftigungsaufbau in der letzten Dekade allein durch eine deutliche Ausweitung der Teilzeitarbeit erzielt worden, deren Zahl um über drei Millionen auf mehr als zehn Millionen zugelegt hätte. Die Zahl der Vollzeitbeschäftigten habe im gleichen Zeitraum dagegen um 700.000 abgenommen. Zwar sei die Bedeutung der Teilzeitbeschäftigung europaweit gewachsen, doch habe sie in Deutschland in überdurchschnittlichem Maß zugelegt und sei derzeit stärker verbreitet als im EU-Durchschnitt. Da die Teilzeitarbeit unbeeinflusst von konjunkturellen Entwicklungen zugenommen habe, handele es sich offenbar um einen grundlegenden Strukturwandel.

Habe es sich bei der Teilzeitbeschäftigung bisher überdurchschnittlich oft um einfache Jobs gehandelt, die nur eine geringe Qualifikation erforderten, so gebe es Anzeichen, dass sich dieser enge Zusammenhang zwischen Teilzeitanstellung und geringer Qualifikation der Beschäftigten zumindest auflockere. So sei die Teilzeitquote in Deutschland wie in der gesamten EU In der letzten Dekade auf allen Qualifikationsstufen gewachsen. Dabei habe sich unter den Teilzeitbeschäftigten das Gewicht hin zu den Personen mit mittlerer und höherer Ausbildung verlagert. Dabei spiele es auch eine Rolle, dass sich Teilzeitarbeit auf immer mehr Berufsfelder und Tätigkeiten ausgebreitet habe.

Die Gründe für die Aufnahme einer Teilzeitbeschäftigung seien vielfältig. Im Vordergrund stünden dabei persönliche und familiäre Gründe, doch immerhin 22 Prozent der Teilzeitbeschäftigten arbeiteten deshalb verkürzt, weil sie keine Vollzeitstelle fänden. Diese unfreiwillige Teilzeitarbeit, von der 2010 mehr als zwei Millionen Teilzeitbeschäftigte betroffen gewesen seien, habe sich von 2001 bis 2006 ausgebreitet. Zwar sei dies eine Phase gewesen, in der die Vollzeittätigkeit nicht zuletzt aus konjunkturellen Gründen abgenommen oder allenfalls stagniert habe, doch sei in diese Zeit auch die Reform der Mini-Jobs gefallen, durch die solche Beschäftigungsverhältnisse für die Arbeitgeber attraktiver geworden seien. Dementsprechend seien auch mehr solcher Beschäftigungsverhältnisse angeboten worden. Dabei sei nicht auszuschließen, dass auch Vollzeitstellen durch Mini-Jobs ersetzt worden seien.

Weiterlesen: Brenke, K. (2011): Anhaltender Strukturwandel zur Teilzeitbeschäftigung. In: DIW Wochenbericht, 78 Jg., Nr. 42, S. 3-12.