Aktuelles aus Mathematik und Informatik

Ein fachdidaktischer Blick auf aktuelle Entwicklungen: Bewirken Vorkurse etwas gegen den Studienabbruch bzw. Studienfachwechsel?

teilnehmer_crop_GCMSDie Forschung in der Mathematikdidaktik begleitet in Göttingen seit Jahren die Mathematischen Vorkurse und Propädeutika, um ihre Auswirkungen auf den Studienerfolg zu messen und zu optimieren. Seit 2011 gibt es Eingangsübungen, um Vorkenntnisse zu ermitteln und so gezielt thematische Workshops in den Vorkursen zu empfehlen. Die Ergebnisse dieser Tests erweisen sich auch als ein Indikator für den Studienerfolg.

An den meisten deutschen Hochschulen zeigt sich in den letzten Jahren ein überproportionaler Rückgang der Studierendenzahlen in den mathematischen Studiengängen. Hinzu kommt nach wie vor eine hohe Studienabbruch- bzw. Studienwechselquote. Das betrifft beides auch Göttingen.

Mit welchen Vorkenntnissen kommen Studierende nach Göttingen?
Seit dem Jahr 2011 bieten wir beim Mathematischen Propädeutikum eine Eingangsübung an, um die Vorkenntnisse aus acht Themenbereichen aus dem Schulcurriculum zu ermitteln: Algebraische Grundlagen, Gleichungen und Gleichungssysteme, Polynome, Exponential- und Logarithmusfunktionen, Trigonometrische Funktionen, Vektorrechnung, Differenzialrechnung und Integralrechnung. Alle Teilnehmenden erhalten aufgrund ihrer Ergebnisse eine individuelle Rückmeldung, in welchen Bereichen sie in Workshops im Propädeutikum besondere Defizite angehen sollten.

In Begleituntersuchungen konnte die Arbeitsgruppe Mathematikdidaktik anhand des Untersuchungsapparates die Bedeutung des Vorwissens für den Erfolg im Studium nachweisen (Halverscheid & Pustelnik 2014), auf dieser Grundlage die Workshops entwickeln (Halverscheid, Pustelnik, Schneider & Taake 2014) und den Übergang von G9 auf G8 beobachten (Halverscheid & Pustelnik 2014).

Lohnt sich ein Besuch der Vorkurse?
Mit einem Prä-Post-Design ließen sich Aufholeffekte nachweisen: Die Differenzierung von Workshops kann dazu diesen, Lücken in Vorkenntnissen zu schließen (Halverscheid, Pustelnik, Schneider & Taake 2014). Allerdings zeigen sich durchaus Unterschiede hinsichtlich verschiedener Workshops. Beispielsweise kann es vorkommen, dass eine Gruppe mit schlechteren durchschnittlichen Vorkenntnissen die andere überholt. Der Tutoren-/innenabhängigkeit versuchen wir mit gezielten Schulungen vor dem Propädeutikum zu begegnen. Das Propädeutikum ermöglicht so auch einen Einstieg in die Karriere als Tutor/-in in der Mathematik.

Natürlich kommen Workshops nicht allen Teilnehmenden gleichermaßen zugute, wie bei geringen Vorkenntnissen oder wenn in vielen Bereichen lediglich durchwachsene Vorkenntnisse vorliegen. Deshalb gibt es weitere Bausteine im mathematischen Propädeutikum wie etwa einen Kurs zum mathematischen Schreiben (Halverscheid 2015).

Besonders wichtig scheint ein Besuch für solche Studierende, die nicht im Jahr des Schulabschlusses ihr Studium aufnehmen. Dafür gibt es interdisziplinäre Belege, aber es zeigt sich auch bei Daten mit Göttinger Studierenden (Halverscheid & Pustelnik 2014).

Besteht ein Zusammenhang zum Studienabbruch?
Mit dem weiterentwickelten Testapparat konnte Kolja Pustelnik (Pustelnik 2018) mehrere Kohorten im ersten Studienjahr mit ihren Leistungen verfolgen. Die ermittelten Vorkenntnisse prognostizieren besser als die Abiturnote, ob das erste Jahr erfolgreich absolviert wird. Auch ein Vergleich mit Studien an anderen Standorten unterstreicht die Bedeutung spezifischer mathematischer Kenntnisse (Heinze et al. 2019).

In einer ganz anderen Untersuchung über mehrere Fächer mit über 2900 Studienfachfällen verschiedener Göttinger Bachelorstudiengänge (Gerdes, Halverscheid & Schneider 2021) zeigt sich ein positiver Zusammenhang zwischen dem Vorkursbesuch und einem erfolgreichen Bachelorabschluss sowie der Bachelorabschlussnote. Es würde jedoch viel zu kurz greifen, hierin einen Rückschluss auf die Qualität der Vorkurse zu sehen, weil es hinsichtlich der Teilnehmenden Selektionseffekte gibt.

Haben sich die Vorkenntnisse in den letzten Jahren verändert?
Von 2011 bis 2019 haben sich die Vorkenntnisse in den acht Inhaltsbereichen nicht signifikant verändert. In den letzten beiden Jahren beobachten wir einen plötzlichen Abfall des Niveaus. Im Bereich der Vektorrechnung war diese besonders deutlich, und dies geht einher mit vorübergehenden curricularen Kürzungen in der gymnasialen Oberstufe in den Corona-Jahren. Reagiert haben wir beim Propädeutikum mit einer Ausweitung eines Kurses zur Einführung in die Vektorrechnung.

Neben der Corona-Epidemie hatten die niedersächsischen Schulen die Rückkehr von G8 zu G9 zu verkraften. Diese beiden Faktoren sowie gesellschaftliche Veränderungen lassen sich bislang nicht voneinander trennen. Interessant wird sein, ob sich die Vorkenntnisse wieder auf das vorherige Niveau hin entwickeln und ob sich andere Faktoren erarbeiten lassen.

Zitierte Quellen:

  • Gerdes, A., Halverscheid, S. & Schneider, S. (2022). Teilnahme an mathematischen Vorkursen und langfristiger Studienerfolg. Eine empirische Untersuchung. Journal für Mathematik-Didaktik 43 (2), S. 377-403. - Link
  • Halverscheid, S. & Pustelnik, K. (2013). Studying math at the university: Is dropout predictable. In Proceedings of the 37th Conference of the International Group for the Psychology of Mathematics Education (Vol. 2, pp. 417-424). Kiel, Germany: PME. - Link
  • Halverscheid, S. & Pustelnik, K. (2014). On the consolidation of declarative knowledge at the transition to tertiary education. Proceedings of the 40th Conference of the International Group for the Psychology of Mathematics Education, 4, 107-114. - Link
  • Halverscheid, S., Pustelnik, K., Schneider, S. & Taake, A. (2014). Ein diagnostischer Ansatz zur Ermittlung von Wissenslücken zu Beginn mathematischer Vorkurse. Mathematische Vor-und Brückenkurse: Konzepte, Probleme und Perspektiven, 295-308. - Link
  • Halverscheid, S. (2015). Aufgaben zum elementarmathematischen Schreiben in der Lehrerbildung. Übergänge konstruktiv gestalten: Ansätze für eine zielgruppenspezifische Hochschuldidaktik Mathematik, S. 165-178. - Link
  • Heinze, A., Neumann, I., Ufer, S., Rach, S., Borowski, A., Buschhüter, D., Greefrath, G., Halver- scheid, S., Kürten, R., Pustelnik, K. & Sommerhoff, D. (2019). Mathematische Kenntnisse in der Studieneingangsphase – Was messen unsere Tests? [Mathematical knowledge in the introductory phase – what do our tests measure?]. In A. Frank, S. Krauss & K. Binder (Eds.), Beiträge zum Mathematikunterricht 2019 [Contributions to mathematics education 2019] (pp. 345–348). WTM-Verlag. - Link
  • Pustelnik, K. (2018). Bedingungsfaktoren für den erfolgreichen Übergang von Schule zu Hochschule. Dissertationsschrift. Niedersächsische Staats-und Universitätsbibliothek Göttingen. - Link


Prof. Ralf Meyer
Februar 2024



Göttinger Studierende erfolgreich im Mathematikwettbewerb

IMC_Göttinger_Studierende_mit_Medaillen_GCMSDas Göttinger Team war beim Internationalen Mathematikwettbewerb IMC für Universitätsstudierende in Bulgarien dieses Jahr sehr erfolgreich. Besonders stolz sind wir auf den Grand First Prize für Male Hesse. Sie erreichte Platz 15 unter knapp 400 Teilnehmenden. Auch Lennart Finke, Anton Fehnker und Janek Große erhielten jeweils Preise. Das Göttinger Team war das zweitbeste aus Deutschland.

Nach dem Ende der Pandemie konnte der Internationalen Mathematikwettbewerb für Universitätsstudierende IMC in Bulgarien dieses Jahr wieder wie gewohnt stattfinden. Knapp 400 Studierende nahmen daran teil. Die 5 Göttinger Studierenden erreichten dabei folgende Platzierungen:

  • Male Hesse (Platz 15, Grand First Prize)
  • Lennart Finke (Platz 54, Erster Preis)
  • Anton Fehnker (Platz 115, Zweiter Preis)
  • Janek Große (ranked 208th, Dritter Preis)
  • Johanna Kratz (Zertifikat)


Damit war die Göttinger Mannschaft die zweitbeste aus Deutschland, hinter der Mannschaft aus Bonn, die weltweit den vierten Platz belegte. Male Hesse ist die einzige Studentin, die dieses Jahr mit einem Grand First Prize ausgezeichnet wurde. Die Göttinger Mannschaft wurde unterstützt von Prof. Dr. Chenchang Zhu und Rok Havlas, Doktorand am Mathematischen Institut.

Auf dem Bild von links nach rechts:
Johanna Kratz, Lennart Finke, Male Hesse, Janek Große, Anton Fehnker, Rok Havlas

Prof. Ralf Meyer
September 2023



Niedersächsischer Mathe-Nachwuchs trainiert in Göttingen

MO_seminar_202309_GCMSAnfang September waren die zehn besten niedersächsischen Mathetalente aus den Klassen 10 bis 13 für vier Tage am Mathematischen Institut zu Gast, um sich auf die anstehenden Auswahlklausuren zur Internationalen Mathematik-Olympiade (IMO) 2024 vorzubereiten. In diesem Jahr sind gleich drei niedersächsische Schüler mit der Deutschen Mannschaft für die Internationale Mathematik-Olympiade (IMO) im Juli nach Japan gefahren und wurden dort mit einer Medaille (1 x Silber, 2 x Bronze) ausgezeichnet. Alle drei haben seit mehreren Jahren an Trainingsseminaren teilgenommen, die am Mathematischen Institut in Göttingen stattfinden. Insgesamt hatten es in diesem Jahr gleich sieben niedersächsische Schülerinnen und Schüler in die IMO-Vorauswahl der besten 16 deutschen Mathetalente geschafft, sodass Niedersachsen an dieser Stelle mit Abstand das am besten vertretene Bundesland war. Alle sieben haben im letzten Herbst am Göttinger Förderseminar teilgenommen. Diese Förderseminare helfen auch bei der Gewinnung hervorragender Studierender: Alle, die am ersten Seminars 2017 in Göttingen teilgenommen haben, werden im kommenden Wintersemester in Göttingen studieren (wenn auch nicht alle
Mathematik).

Die Göttinger Förderseminare werden vom gemeinnützigen Verein "Mathematik-Olympiade in Niedersachsen e.V." (MO-Ni) ausgerichtet und von einem Team aus Studierenden und Mitarbeitenden der Universität organisiert.

Auch das NDR Fernsehen hat hier über diesen großartigen Erfolg und die Arbeit von MO-Ni berichtet.

Prof. Ralf Meyer
September 2023



Der Garten des Mathematischen Institutes heißt nun Klein-Garten

Es gab viele Namesvorschläge für den Garten des Mathematischen Instituts. Ausgewählt wurde am Ende der Vorschlag "Klein-Garten". Diesen Vorschlag gab es sogar zweimal, darum auch mit zwei verschiedenen Begründungen:

1. Der Name Klein-Garten mutet zunächst unüberlegt und einfach an, zeichnet sich aber insbesondere durch seine Originalität aus. Der Name soll natürlich als Würdigung an Felix Klein und seine Leistungen als Wissenschaftsorganisator, Mathematiker und Mathematikdidaktiker, die unter den zahlreichen Persönlichkeiten der Göttinger Mathematik doch manchmal etwas kurz kommt, verstanden werden. Klein bietet sich als Namensgeber außerdem aufgrund seiner Arbeiten in der Geometrie und Topologie an - der Garten ist ja gewissermaßen eine Fläche. Zugleich ist er aber auch sehr treffend, da der Garten tatsächlich, im wahrsten Sinne des Wortes, klein ist. Dazu lässt sich der Name auch sehr gut in den alltäglichen Sprachgebrauch integrieren, da das Wort Kleingarten schon existiert. Insgesamt könnte sich der Name vermutlich wirklich schnell etablieren.

2. Neben dem passenden Wortspiel bzgl. der Größe des gemütlichen kleinen Gartens wollte ich die Leistungen von Felix Klein für den Aufbau der Göttinger Mathematik als Begründung anführen. Außerdem war Klein an der Planung des heutigen Instituts beteiligt (u. a. erste Präsenzbibliothek etc.). Dazu kommt noch die Nähe zur namensgleichen Schule in der Nachbarschaft.

Prof. Ralf Meyer
Juni 2023



Drei Mathematik-Masterstudierende erhalten neuartige Stellen für Lehre und Forschung

Math_Stud_GCMSIn diesem Wintersemester wurden erstmals Stellen an Masterstudierende vergeben, die über bis zu vier Semester laufen und sowohl Lehr- als auch Forschungsaufgaben beinhalten. Die drei Studierenden Justus Greve-Kramer, Anna Zanoli, und Boris Bilich (auf dem Foto von links nach rechts) wurden hierfür ausgewählt.

Diese neuen Stellen sind sowohl durch die Laufzeit von bis zu vier Semestern als auch durch die Höhe des Gehalts besonders attraktiv. Dadurch sollen sehr gute Masterstudierende nach Göttingen gelockt und gefördert werden. Außerdem werden sie in der Lehre eingebunden, was allen Studierenden zu Gute kommt.


Im Idealfall bewerben sich Studierende schon zusammen mit ihrer Bewerbung um einen Masterstudienplatz für diese Stellen. Sie leiten Übungsgruppen und leisten daneben auch Forschungsaufgaben, die in ihre Masterarbeit einfließen können. Von Beginn des Projekts an werden sie von einem Professor oder einer Professorin betreut. Spätere Bewerbungen während des Masterstudiums in Göttingen sind jedoch auch noch möglich.

Anna Zanoli wechselte nach ihrem Bachelorabschluss in Bologna zum Wintersemester 2022/23 nach Göttingen und hat gleich zu Beginn ihres Studiums eine der Stellen bekommen. Sie möchte ein Forschungsprojekt in Richtung Zahlentheorie bearbeiten, und ihr Betreuer ist Prof. Jörg Brüdern. Sie hat sich für Göttingen entschieden, weil sie im Masterstudium als Nebenfach Philosophie wählen wollte und dies in Göttingen möglich ist. Allerdings hat sie hier bisher noch keine Philosophievorlesungen belegt, weil sie noch nicht gut genug Deutsch spricht und es kaum englischsprachige Lehrveranstaltungen in Philosophie in Göttingen gibt. Sie war überrascht, dass sie ihr Studium in Göttingen durch eine studentische Hilfskraftstelle finanzieren kann, weil solche Stellen in Italien gar nicht üblich sind. Sie ist von ihren Lehraufgaben auch deshalb begeistert, weil sie dabei die Mathematik viel besser versteht: "Wenn ich etwas anderen erkläre, verstehe ich es viel tiefgreifender."

Boris Bilich hat sein Bachelorstudium in Moskau schon in Sommer 2021 abgeschlossen und beendet jetzt sein drittes Semester. Er plant, im Sommersemester sein Masterstudium abzuschließen und wird von Prof. Ralf Meyer betreut. Sein Arbeitsgebiet ist die Nichtkommutative Geometrie. Er entschied sich für ein Masterstudium in Göttingen, weil ihm dies der Betreuer seiner Bachelorarbeit empfohlen hatte. "In Russland übernehmen zwar Studierende regelmäßig Lehraufgaben, etwa die Korrektur von Hausaufgaben. Allerdings wird dies nur sehr schlecht bezahlt. Die Stelle hier in Göttingen gibt mir knapp 1000 Euro im Monat. Im Dezember war es wegen des Weihnachtsgeldes sogar etwas mehr. Das ist sogar mehr als ein Stipendium des DAAD." Er betreut zur Zeit zwei Übungsgruppen in der Mathematikvorlesung für Erstsemesterstudierende der Physik. Auch ihm bereitet die Lehre viel Freude. "Ich war überrascht, wie nett die Studierenden dort mit meinen noch nicht so guten Deutschkenntnissen umgehen."

Justus Greve-Kramer hat schon sein Bachelorstudium in Göttingen abgeschlossen und bei Prof. Brüdern eine Bachelorarbeit in der Zahlentheorie geschrieben. Er schließt jetzt sein zweites Semester im Masterstudium ab. Er wird von Prof. Damaris Schindler betreut. Zur Zeit belegt er bei ihr die Vorlesung Analytische Zahlentheorie und leitet hierzu gleichzeitig auch zwei Übungsgruppen. "Das ist kein großes Problem, weil ich schon durch das Bachelorstudium im Thema bin." Er ist aber auch von der Vorlesung über algebraische Topologie von Prof. Vigolo fasziniert und ist deshalb noch unentschlossen, in welche Richtung sein Forschungsprojekt und seine Masterarbeit gehen sollen. "Als Schüler war ich mehrmals bei den Landesrunden der Mathematikolympiade in Göttingen dabei. Darum lag es für mich nahe, mein Bachelorstudium in Göttingen zu beginnen."

Februar 2023



Federico Vigolo tritt im Wintersemester 2022/23 Juniorprofessor am Mathematischen Institut in Göttingen an

Foto_Vigolo_GCMSVorher arbeitete Federico Vigolo an der Universität Münster und am Weizmann Institute of Science in Israel. Er hat an der University of Oxford promoviert und an der Scuola Normale Superiore in Pisa studiert. Sein Forschungsgebiet ist die grobe Geometrie, eine Form der Geometrie, die geometrische Eigenschaften endlicher Größe ignoriert. Im Wintersemester plant er Vorlesungen über algebraische Topologie.

Was ist Ihr Forschungsgebiet?
Ich forsche im Bereich der groben Geometrie. Das ist eine Art der Geometrie, bei der man endliche Längenskalen ignoriert. Eine Idee der groben Geometrie ist, dass die lokalen Eigenschaften eines Objekts manchmal unnötig kompliziert sind. Wenn man das ignoriert, kann man die Geometrie von diesem Objekt besser verstehen. Das Bild auf einem Computerbildschirm ist ja aus einzelnen Punkten aufgebaut, also eigentlich diskret. Aber schaut man von weitem drauf, so sieht alles glatt und zusammenhängend aus, und wir wollen eigentlich gar nicht wissen, dass es aus Pixeln besteht.

Was ist hier der Unterschied zur diskreten Differenzialgeometrie, dem Arbeitsgebiet von Max Wardetzky?
In der groben Geometrie werden alle lokalen Informationen ignoriert, man sieht also nur noch die Geometrie im Unendlichen. Endlich große Objekte werden nicht mehr von einem Punkt unterschieden. In der diskreten Differenzialgeometrie sind dagegen endlich große Objekte interessant.

Was war Ihr Grund, Mathematiker zu werden? Was hat Sie an der Mathematik fasziniert?
Ihre Eleganz und Klarheit. Viele Beweise in der Mathematik haben eine sehr klare Idee, die ein Phänomen sehr gut erklärt, und damit kann man auch in der Geometrie Dinge präzise beweisen. Es gibt immer wieder verblüffende Aha-Erlebnisse. Viele dieser Ideen sind extrem schön und elegant. Man kann einige mathematische Argumente genau so gut wie Kunstwerke schätzen.

Aber elegante Beweise trifft man doch eher während des Studiums, oder schon vorher?
Ich habe schon zu Schulzeiten an Mathematikolympiaden teilgenommen, und dabei war ich immer wieder von kurzen, eleganten Beweisen beeindruckt. Das war sehr hilfreich. Ich habe zwar nur auf nationaler Ebene teilgenommen und nicht viel gewonnen, aber immer wieder interessante Dinge jenseits der Schulmathematik kennengelernt.

Welche Vorlesungen haben Sie anderswo schon gehalten, und was planen Sie in Göttingen?
Ich habe bisher eine Vorlesung über Riemannsche Flächen und eine Vorlesung über grobe Geometrie gehalten. In Göttingen werde ich zunächst zwei aufeinander aufbauende Vorlesungen über algebraische Topologie halten, vielleicht setze ich das danach noch fort, das steht aber noch nicht fest. Die beiden Vorlesungen richten sich an Studierende am Ende des Bachelor- oder am Beginn des Masterstudiums.

Was ist Ihnen in der Lehre besonders wichtig?Natürlich sollen die Vorlesungen klar sein, aber ich finde es auch besonders wichtig, eine gute Lernatmosphäre zu bewahren. Ich möchte immer offen für Fragen von Studierenden sein. Solche Fragen helfen nicht nur denen, die sie gestellt haben, sondern auch der ganzen Klasse, und machen die Vorlesung viel interaktiver.

Für wen lohnt es sich, Mathematik zu studieren?
Am Anfang des Mathematikstudiums braucht man viel Durchhaltevermögen. Man muss sich an eine viel höheres Abstraktionsniveau gewöhnen. In der Schule begegnet man dem nicht. Darum ist Mathematik nicht für jeden etwas. Aber wenn man das mag, so lohnt sich ein Mathematikstudium sehr. Mathematik ist sehr breit, man kann in die reine oder angewandte Mathematik oder in die Statistik gehen. Im Mathematikstudium lernt man, analytisch zu denken, komplexe Probleme zu strukturieren und dann zu lösen. Diese Fähigkeiten kann man für sehr viele Dinge gut gebrauchen. Mit einem Mathematikstudium kann man in der Wissenschaft oder der Schule arbeiten, es gibt aber auch viele Möglichkeiten in Industrie, Hightech, dem Finanzwesen, usw.

Sie haben in verschiedenen Ländern Mathematik studiert bzw. dort als Mathematiker gearbeitet. Gibt es Dinge, die Ihnen in Italien (Pisa), Großbritannien (Oxford), Israel (Weizman Institute) besonders aufgefallen sind?
In Italien gibt es kaum studentische Hilfskräfte. Darum gibt es kaum Übungen zu den Vorlesungen, und erst in der Prüfung bekommt man eine echte Rückmeldung, wie viel man verstanden hat. Dafür kann man aber Prüfungen beliebig oft wiederholen, bis man mit der Note zufrieden ist. Meine Vorlesungen in Italien waren sehr präzise — Definition, Satz, Beweis im Sinne von Bourbaki. In Oxford waren die regelmäßigen Treffen mit den Betreuern besonders wichtig. In den Vorlesungen war Präzision weniger wichtig. Statt eines Beweises wurden oft nur Beweisideen oder wichtige Spezialfälle vorgestellt. Es ist dann möglich, den Tutor oder die Tutorin des Colleges nach mehr Details fragen. In Israel fand ich das Masterstudium viel interaktiver und weniger hierarchisch als in Italien oder Großbritannien. Es gab kleine Klassen und es wurde viel diskutiert.

Sie waren ja schon einige Male in Göttingen. Wie hat es Ihnen gefallen?
Ich mag die Stadt, besonders die östlichen Stadtteile. Die Größe der Stadt gefällt mir, ich komme auch aus einer ähnlich kleinen Stadt. Es scheint ein angenehmer Ort zum Leben zu sein. Und mir gefällt die Atmosphäre des Gebäudes des Mathematischen Instituts. Ich freue mich darauf, nach Göttingen umzuziehen und meine Stelle dort anzutreten.

Die Fragen stellte Prof. Ralf Meyer.
September 2022



Masterarbeit von ehemaliger Studentin gewinnt Auszeichnung der GOR

Ackva_GCMSCharlotte Ackva wurde von der deutschen Gesellschaft für Operations Research e.V. mit dem Preis für herausragende Diplom- und Masterarbeiten ausgezeichnet. Die Arbeit beschäftigt sich mit der Entscheidungsunterstützung für lokale kollaborative Liefersysteme. Dafür wird ein zweistufiges stochastisches Optimierungsmodell entwickelt, welches mit einem szenario-basierten heuristischen Ansatz gelöst wird.

Weitere Informationen finden Sie hier.

September 2022



Lehrpreis der Universität für Stefan Wiedmann

Stefan_Wiedmann_GCMSDr. Stefan Wiedmann hat den Lehrpreis der Universität für besonderes Engagement in der Lehre in der Kategorie "Beste Veranstaltung unter 50 Teilnehmende" für seine Übungen in "Analytische Geometrie und lineare Algebra I" erhalten. Die Jury würdigte seine aktive Betreuung der Studierenden und sein langjähriges Engagement. Er betreut regelmäßig die Lehramtsstudierenden der Mathematik in ihrem ersten Studienjahr.

Der Dekan Prof. Dr. Jörg Brüdern kommentiert den Lehrpreis wie folgt: "Die Fakultät gratuliert Dr. Stefan Wiedmann ganz herzlich zum neu geschaffenen Lehrpreis unserer Universität. Ein Lehrangebot auf hohem Niveau ist unser Anspruch. Wenn das Engagement bei unseren Studierenden dann ein positives Echo findet, dann nehmen wir das als Herausforderung, es noch besser zu machen. Die Arbeit mit kleinen Gruppen hat Dr. Wiedmann über viele Jahre perfektioniert: Herzlichen Glückwunsch!"

Stefan Wiedmann kommt aus einem kleinen Dorf in Oberschwaben und ist nach dem Zivildienst zum Studium nach Göttingen gekommen. Zunächst studierte er Physik, wechselte dann aber zur Mathematik. Seine Diplomarbeit und seine Doktorarbeit wurden von Ulrich Stuhler betreut. Seit dem Wintersemester 2009 ist er in der Lehreinheit Mathematik der Fakultät "Lehrkraft für besondere Aufgaben". Er ist vor allem für die Lehramtsausbildung im ersten Studienjahr zuständig.

Was bedeutet dir der Lehrpreis?
Der Lehrpreis hat mich sehr gefreut und ist natürlich eine schöne Bestätigung meiner Arbeit. Sagen muss man allerdings auch, dass der Preis nicht nur mir gebührt, sondern auch dem Arbeitsumfeld am Mathematischen Institut, meinen studentischen Hilfskräften und dem wissenschaftlichen Personal.

Was zeichnet deine Lehre aus?
Für die Lehre finde ich mehrere Dinge äußerst wichtig: Zuallererst muss man den Stoff, den man lehren will, wirklich gut beherrschen. Ein weiterer Punkt ist, die Leute dort abzuholen, wo sie stehen. Ich mache ja in erster Linie die Lehre für das erste Studienjahr und kann das dadurch sicher leichter einschätzen, als das in den höheren Semestern möglich ist. Ein dritter Punkt ist Professionalität: Deutlich reden und schreiben, pünktlich beginnen und enden, klare Rahmenbedingungen nennen, Technik nur geprobt und erprobt einsetzen, Ruhe und Ordnung in den Lehrveranstaltungen garantieren. Als letzten Punkt möchte ich nennen, dass man auch Schwächen zeigen darf und soll: Man darf sich mal verrechnen oder nicht zielführende Ansätze verfolgen oder weiß auch nicht immer sofort, wie eine Aufgabe geht.

Welche Lehrveranstaltungen machst du besonders gerne? Warum?
Besonders spannend finde ich es, zugleich die Vorlesung und die Übungen zu einer Veranstaltung zu machen. Man sieht dann direkt, was von der Vorlesung in den Köpfen der Leute ankommt.

Was ist dein Lieblingssatz? Oder auch ein Beweis oder eine Definition?
Ich mag den von tom Dieck so genannten "Satz vom kleinen Moritz": Es gilt (x+y)^p = x^p + y^p, wenn man modulo p rechnet.

Die Fragen stellte Prof. Ralf Meyer.
Februar 2022



Modellieren von Epidemien im Klassenzimmer

Im Rahmen des Lehramtstudiums haben Annika Dahlkemper und Heiko Kröger Schüler/-innen am THG in Göttingen die mathematische Modellierung von Epidemien vermittelt. Sie erarbeiteten das klassische SIR-Modell, das eine Epidemie durch Unterscheidung von ansteckbaren, infizierten und resistenten Menschen beschreibt. Dann integrierten Sie Fragen der Schüler/-innen etwa zur Auswirkung von Kontaktbeschränkungen in das mathematische Modell.

Im Sommersemester 2021 fand das Seminar "Konstruktion und Erprobung von Lernumgebungen zur Modellierung der Corona-Epidemie" des Master of Education unter der Leitung von Professor Bauer und Professor Meyer statt. Im Laufe von mehreren Blockseminaren haben wir als teilnehmende Studierende eine kurze Unterrichtseinheit entwickelt, um Schüler/-innen das SIR-Modell und den Modellierungsprozess näher zu bringen. Dabei war es uns besonders wichtig, den Modellierungsprozess in den Vordergrund zu rücken. Gleichzeitig wollten wir den Schüler/-innen einen Rahmen bieten, sich über ihr eigenes Wissen aus der Corona-Pandemie auszutauschen und dies in eine eigene Modellierung einfließen zu lassen.

Grundlage unserer Unterrichtsentwürfe war das SIR- Modell. In diesem Modell wird die Gesamtbevölkerung in drei Gruppen unterteilt: Suszeptible, also Ansteckbare, Infizierte und resistente Personen. Dabei wird angenommen, dass jedes Individuum nach der Infektion aus dem Infektionsgeschehen entfernt wird, da es immun wird oder stirbt. Infizierte sind umgehend nach der Infektion ansteckend und stecken infizierbare Personen mit einer konstanten Rate an.

Skizze_Modellierung_alternativ

In der ersten Phase des Unterrichts haben wir dieses Modell eingeführt. Gemeinsam mit den Schüler/-innen haben wir die Übergangsgleichungen zwischen den drei Modellgruppen erarbeitet und uns den zeitlichen Verlauf einer hypothetischen Epidemie unter verschiedenen Anfangsparametern simulieren lassen.

Schließlich waren die Kreativität und das Vorwissen der Schüler/-innen gefragt. In Kleingruppen entwickelten sie Erweiterungen des SIR-Modells. Dazu führten sie neue Gruppen wie eine Gruppe von Geimpften ein. Eine andere Schüler/-innengruppe entwickelte ein Modell, welches die Mutation des Virus berücksichtigt. Dadurch entstehen verschiedene Gruppen von Resistenten, abhängig davon, von welcher Virusvariante sie infiziert waren. Auch Todes- und Geburtenraten wurden eingepflegt und Regierungsmaßnahmen zur Kontrolle des Infektionsgeschehens in der Wahl der Parameter berücksichtigt.

In einer zweiten Unterrichtsstunde stellten sie Schüler/-innengruppen ihre Modelle vor. Dazu hatten wir in Excel Graphen vorbereitet, anhand derer die Gruppen ihren simulierten Epidemieverlauf vorstellen und erklären konnten.

Insgesamt kamen dabei beeindruckende Modellierungen zustande und die Graphen der Infektionszahlen konnten immer wieder mit der selbst durchlebten Corona-Epidemie in Verbindung gebracht werden. Unser Fazit nach der Stunde war ausnahmslos positiv. Die Schüler/-innen haben das Angebot sehr positiv angenommen und brachten sich und Ihre Ideen in den Unterricht ein. Der Unterrichtsversuch hat in einer sehr leistungsstarken Klasse stattgefunden, was sicherlich auch zum Erfolg dieser Einheit beigetragen hat. Der Bezug zur aktuellen Corona-Situation hat viele Diskussionen angeregt und die Schüler/-innen dazu verleitet, die eigenen Modelle auf Grundlage ihres Wissens zu reflektieren. So verblieben wir mit dem Eindruck, dass die Schüler/-innen ihr Wissen über Modellierungen und ihr Verständnis von Simulationen nicht nur erweitern, sondern auch direkt anwenden konnten.

Januar2022



Mathematikstudentin ist AStA-Vorsitzende

Pippa_Schneider_Porträt_GCMSDie amtierende Vorsitzende des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) ist vom 1. April 2021 bis März 2022 die Mathematikstudentin Pippa Schneider. Davor war sie Finanzreferentin und Mitglied im Studierendenparlament. Außerdem ist sie Mitglied der Studienkommission Mathematik. In einem Interview spricht sie darüber, warum es sich lohnt, in der Hochschulpolitik mitzuwirken, warum sie zum Mathematikstudium nach Göttingen gekommen ist und wie sie Studium, Hochschulpolitik und Kinder unter einen Hut bringt.

Was ist und was soll der AStA?
Der AStA vertritt die hochschulpolitischen Interessen der Studierenden sowohl gegenüber der Hochschule als auch gegenüber der Politik. Er wird vom Studierendenparlament gewählt, das wiederum jedes Jahr von den Studierenden gewählt wird. Liebe Studis, geht also wählen! In vielen Gremien der Hochschule sind Studierende vertreten. Das ist auch wichtig, damit deren Sicht in die Entscheidungen einfließt.

Was reizt dich an der studentischen Selbstverwaltung?
Ich kann damit konkret etwas für Studierende verändern, die Studienbedingungen verbessern, und man kann dabei schnell Früchte des Engagements ernten. Außerdem trifft man dort nette Leute.

Was hast du mit dem AStA erreichen können?
Zum Beispiel waren wir bei Entscheidungen über die Lehrformate während der Pandemie beteiligt. Prüfungen wurden in 2021 nicht wieder wegen der Pandemie verschoben. Das Studierendenwerk hat auf unseren Vorschlag einen Topf eingerichtet, damit bedürftige Studierende Hardware für die digitale Lehre bekommen konnten. Die Regelstudienzeit wurde wegen der Pandemie verlängert. Es ist auch gelungen, den Studiengang Skandinavistik in Göttingen zu erhalten. Nicht erhalten konnten wir leider die Antidiskriminierungsstelle.

Wie können sich Studierende einbringen, die nicht gleich in den AStA gehen wollen?
Man kann sich auch in einer der vielen Hochschulgruppen an unserer Uni engagieren. Eine Liste aller Hochschulgruppen findet man auf der Website des AStA. Aber auch punktuell kann man sich einbringen: Zum Beispiel sind gute Ideen für die Verwendung der Studienqualitätsmittel immer sehr willkommen.

Warum hast du Mathematik als Studienfach gewählt?
Das war in der Schule mein Lieblingsfach. Das Studium war allerdings zu Beginn ganz anders als gedacht. Ich hatte vorher noch nie einen Beweis gesehen.

Was ist denn dein Lieblingssatz oder deine Lieblingsdefinition?
Das ist der klassische Beweis Euklids, dass es unendlich viele Primzahlen gibt. Denn das kann man auch Laien gut erklären.

Was machst du eigentlich in deinen Abschlussarbeiten?
Meine Bachelorarbeit und meine Masterarbeit sind über Kryptographie und elliptische Kurven. Forschung zu Kryptographie finden auch Menschen wichtig, die nicht wissen, wie sie funktioniert und man kann sie gut erklären.

Welche Fähigkeiten aus dem Mathematikstudium sind auch für deine politische Arbeit hilfreich?
Vor allem eine lösungsorientierte und strukturierte Herangehensweise und Teamfähigkeit. Lerngruppen sind im Mathematikstudium besonders wichtig. Hausaufgaben gemeinsam mit anderen lösen bringt nicht nur mehr Lernerfolg, sondern macht auch viel mehr Spaß.

Wie bist du zu Göttingen als Studienort gekommen?
Meine Seminararbeit in der Schule in Bayern war über Frauen in der Mathematik. Dabei bin ich natürlich Emmy Noether, Sofja Kowalewskaja und Göttingen begegnet. Dann hat mir auch noch die Stadt Göttingen gut gefallen.

Du bist Mutter zweier Kinder im Kindergartenalter, die während deines Studiums zur Welt kamen. Wie schaffst du es, Studium, Hochschulpolitik und Kinder zu organisieren?
Ich strukturiere meinen Tagesablauf mit To-Do-Listen in verschiedenen Farben. Zurzeit habe ich allerdings nur noch wenige Prüfungen. Als letztes Jahr die Kindergärten geschlossen waren, hat mein Freund geholfen.

Was rätst du Eltern, die studieren? Welche Unterstützung bietet die Hochschule?
Sehr hilfreich fand ich immer die Lernsamstage im Lern- und Studiengebäude LSG. Dort werden die Kinder betreut, während ich lerne. Wichtig finde ich die Kinderbetreuung in Notfällen und Randzeiten - übrigens auch für Studierende, nicht nur Beschäftigte. Der Familienservice und das Sozialreferat des AStA sind die ersten Anlaufstellen. Dort gibt es Informationen über Unterstützungsangebote und Netzwerke von studierenden Eltern.

Ist ein Mathematikstudium mit Kindern besonders schwierig?
In den ersten Semestern ist ein Mathematikstudium schon ein Vollzeitjob. Wenn man erstmal drin ist, fällt die Mathematik aber gar nicht mehr so schwer. Im Mathematikstudium kann man sich die Zeit sehr frei einteilen. Das ist flexibler als später im Beruf. Es gibt fast keine Anwesenheitspflichten, und ein Großteil der Arbeit findet zu Hause statt, wo man die Zettel löst und die Vorlesungen nacharbeitet.

Das Interview führte Prof. Ralf Meyer.
Januar 2022



Doktorand engagiert sich bei Mathematikolympiaden

Behnert_IMGChristian Bernert, zurzeit Doktorand am Mathematischen Institut in Göttingen, engagiert sich seit Jahren bei der Mathematikolympiade. Als Schüler gewann er 2013–15 drei Medaillen bei der Internationalen Mathematikolympiade (IMO). Als Student hilft er bei der Organisation der Landesrunde der Mathematikolympiade in Niedersachsen, die traditionell in Göttingen stattfindet. Seit 2020 ist er einer der Trainer für die deutsche IMO-Mannschaft und war im Jahr 2020 Mitglied der deutschen IMO-Delegation.

Die IMO 2020 fand wegen der Pandemie dezentral statt, die deutsche Mannschaft traf sich im Mathematischen Forschungszentrum Oberwolfach. Es kam daher zu keinen Begegnungen zwischen den Mannschaften der verschiedenen Länder. Christian Bernert war im Jahr 2020 als Beobachter offizielles Mitglied der deutschen Delegation. Seit 2020 trainiert er die Schüler und Schülerinnen, die in die engere Auswahl für die deutsche IMO-Mannschaft gekommen sind. Bei der IMO dürfen nur Schüler und Schülerinnen teilnehmen. In zwei viereinhalbstündigen Klausuren lösen sie je drei sehr anspruchsvolle Aufgaben.

In den Jahren 2013 bis 2015 nahm Christian Bernert dreimal an der IMO teil und gewann zweimal eine Silber- und einmal eine Bronzemedaille. Bei der IMO werden immer mehrere Gold-, Silber- und Bronzemedaillen vergeben.

Christian Bernert hat sich auch als Student erfolgreich an Mathematikwettbewerben beteiligt. Seit 2005 nimmt Göttingen am IMS teil, einem Internationalen Mathematikwettbewerb für Studierende im ersten bis zum vierten Studienjahr. Im Jahr 2020 leitete Christian Bernert die Göttinger Mannschaft beim IMC.

Zur Mathematikolympiade gehören auch Mathematikwettbewerbe innerhalb der Schulen sowie auf Landes- und Bundesebene. Die niedersächsische Landesrunde der Mathematikolympiade findet traditionell in Göttingen statt. Das war auch ein Grund für Christian Bernert, sein Studium in Göttingen aufzunehmen. Seit Studienbeginn engagiert er sich bei dem gemeinnützigen Verein Mathematik-Olympiade in Niedersachsen (MO-Ni), der die Landesrunde in Göttingen organisiert. Seit 2020 ist er Mitglied im Vorstand von MO-Ni.

Beim MO-Ni-Team machen auch viele Studierende aus Göttingen mit, und Christian Bernert fühlte sich als Studienanfänger dort sofort willkommen. "Dies ist etwas Besonderes in Göttingen und in manchen Bundesländern anders," sagt Christian Bernert. Bei der Landesrunde in Göttingen im Februar werden immer viele Helfer und Helferinnen gebraucht, nicht nur für die Korrektur der Klausuren, sondern auch für die Betreuung der Teilnehmer und Teilnehmerinnen und der Begleitpersonen. Dabei könnte jeder in Göttingen mithelfen.

Besonders wichtig für die Mathematikolympiade sind auch die engagierten Lehrer und Lehrerinnen, die die Wettbewerbe an ihrer Schule ausrichten. "Ich möchte besonders die ehemaligen Lehramtsstudierenden der Universität Göttingen ermutigen, sich hier zu engagieren", sagt Ralf Meyer, Sprecher des Alumni-Chapters Mathematik und Informatik der Universität Göttingen. "Denn damit ermöglichen sie talentierten Schülern und Schülerinnen die Teilnahme an der Mathematikolympiade und öffnen ihnen so die Tür zu besonderen Förderangeboten wie Jugend trainiert Mathematik".

August 2021