Herr Cai war Gast an der Abteilung Interkulturelle Germanistik mit seinem Vortrag „Wie Herta Müller, Elfriede Jelinek und Günter Grass nach China kamen“


Das Gespräch mit Cai Hongjun führten Nadja Emmanuel und Stephanie Rudolf

Wie sind Sie nach dem Germanistikstudium zum Übersetzen gekommen?
Ich habe bereits während des Studiums für eine Monatszeitung viele ausländische Artikel übersetzt, u.a. aus dem Spiegel und dem Stern. Insgesamt wurden ca. 100 Artikel veröffentlicht, durch die ich mir auch mein Studium finanzieren konnte.

Warum haben Sie Deutsch gelernt? Haben Ihre Eltern Sie unterstützt?
Ich habe bereits in der Mittelschule Deutsch gelernt und ging 1971 an die Fremdsprachenschule in Nanjing. Nach dem Abschluss habe ich für zwei Jahre als Lehrling im Labor einer Fabrik gearbeitet. 1977 nahm ich dann das Studium an der Fremdsprachenhochschule Shanghai auf.

Wie viel sind Sie im Jahr unterwegs?
Ein bis zweimal im Jahr bin ich in China unterwegs. Durch das Internet ist meine Arbeit viel einfacher und bequemer geworden und ich kann vieles von zu Hause aus erledigen. Ich hole morgens Brötchen, trinke meinen Kaffee und telefoniere dann häufig mit China.

Was ist der erste Eindruck, den Sie von Deutschland bekommen haben?
Das erste Mal habe ich deutschen Boden in Frankfurt betreten. Dadurch, dass ich schon ca. 20 Jahre Deutsch gelernt und mich so lange mit der deutschen Literatur beschäftigt hatte, hatte ich bereits eine ungefähre Vorstellung von Deutschland. Allerdings erinnere ich mich sehr gut daran, dass mir Deutschland zu ruhig war.

Ich habe damals in Frankfurt gewohnt und gejobbt, musste aber wegen meines Magisterstudiums nach Würzburg pendeln.

Worüber haben Sie Ihre Magisterarbeit geschrieben?
Mein Hauptfach war Germanistik und meine Nebenfächer Didaktik der deutschen Sprache und Literatur sowie Sinologie. Ich habe meine Magisterarbeit über das Chinabild der deutschen Kinderbuchautorin A. Wedding geschrieben.

Was ist für Sie der wichtigste Schritt, wenn Sie ein Buch nach China vermitteln?
Wichtig für die chinesischen Lizenznehmer ist die Auflagenzahl des Buches in Deutschland sowie weitere Verkaufsländer des jeweiligen Buches und Bestsellerzahlen. Hat ein Autor beispielsweise den Nobelpreis oder den Georg-Büchner-Preis gewonnen, ist die Vermittlung sicherlich leichter. Grundsätzlich einfacher ist die Vermittlung von Bilderbüchern, Kinderbüchern und Sachbüchern.

Vorausgesetzt, Sie hätten die Zeit dazu, welches Werk würden Sie gerne übersetzen?
Ich habe bereits 30 Novellen und Erzählungen von Arthur Schnitzler übersetzt und zwei Anthologien von Arthur Schnitzler herausgegeben. Er gilt als der Doppelgänger von Sigmund Freud und fasziniert mich sehr. Ich habe damals meine Bachelor-Arbeit über Arthur Schnitzler geschrieben und würde gerne weitere Werke von ihm übersetzen.

Herr Cai, wir danken Ihnen für das Gespräch.