Raumwirksamkeit der erneuerbaren Energien
Lange mussten die Schüler*innen aus
dem ersten Projektjahr aufgrund der coronabedingten Kontaktbeschränkungen warten;
aber am 23./24. Juni 2022 war es nun endlich so weit: Für die Hildesheimer
Abiturient*innen des Seminarfachs ging es auf eine zweitägige Exkursion nach
Göttingen und in den Harz.
Nachdem die Teilnehmenden
gemeinsam mit Frau Studienrätin Platz und Herrn Studienrat Kleinebörger
pünktlich am Göttinger Bahnhof ankamen, konnten sie auf der Fahrt mit dem
Stadtbus zum Nordcampus schon erste Eindrücke von der Universitätsstadt
Göttingen gewinnen – eine gute Gelegenheit, die eigenen Zukunftspläne
weiterzudenken, denn einige der Schüleri*nnen spielen mit dem Gedanken, zum
Studium nach Göttingen zu kommen.
Am Geographischen Institut der Georg-August-Universität wurden die Ankommenden von Herrn Dr. Tobias Reeh empfangen. Als ersten Programmpunkt stellte Herr Dr. Bernd Leiss die Geothermie-Gruppe vor. Er erläuterte zunächst Grundlagen der Wärmeerzeugung durch Geothermie und ging auf die noch wenig fortgeschrittene Verbreitung in der Region ein. Herausforderungen, vor denen eine flächendeckende Nutzung der Geothermie steht, sind die Kosten und das Risiko der Bohrungen. Im Anschluss sprach Herr Dr. Leiss noch über die Erkundung des geothermischen Potentials für die Wärmeversorgung des Campus der Universität Göttingen, eine Aufgabenstellung, die Teil seiner Forschung ist.
Nach einer kurzen Pause folgte ein weiterer Input-Vortrag von Herrn Dr. Tobias Reeh. Zunächst standen die Raumvorstellungen der Geographie – die Räume als Container, als Systeme von Lagebeziehungen, als Kategorien der Sinneswahrnehmung und als Perspektive der Konstruiertheit – im Vordergrund, um einen Einstieg in das Thema zu schaffen. Zusammen mit den Schüler*innen wurden anschließend die verschiedenen Energielandschaften Deutschlands herausgearbeitet, mit einem besonderen Fokus auf Transformationsprozessen. Anhand des Diercke-Weltatlas besprach die Gruppe, in welchen Bereichen Transformationsprozesse zu erkennen sind. Dabei wurden die verschiedenen Aspekte mit Blick auf die Stromerzeugung ausgewertet (Stichworte Braunkohle, Steinkohle, Wasserkraftwerke, Gaskraftwerke, Atomkraftwerke und Pumpspeicherkraftwerke).
Nach dieser Vermittlung von zahlreichen
neuen Erkenntnissen stand eine ausgedehnte Pause in der „Lunchbox“ an, die den Schüler*innen
einen unmittelbaren Einblick in den Uni-Alltag bot. Anschließend ging es vom
Nordcampus Richtung Süden. Am Neuen Rathaus wurde die Gruppe von Frau Prof. Dr.
Angela Schwerdtfeger begrüßt. Im Neuen Rathaus Göttingen gab es dann einen
Input-Vortrag von Herrn Janes Grewer und Frau Eva Holst zum Klimaplan Göttingen
2030. Dabei standen die Fragen „Wie steht Göttingen zum Klimaschutz? Was sind
die Ziele? Wie können diese Ziele erreicht werden?“ im Vordergrund. Mithilfe
anschaulicher Grafiken stellten Frau Holst und Herr Grewer den Zuhörer*innen
zunächst die Treibhaus-Bilanz Göttingens aus dem Jahr 2020 vor. Dass die
Emissionen pro Einwohner*in bei 6,19 t lagen, ist im Vergleich zu anderen
Städten gering – und somit auf den ersten Blick zufriedenstellend. Herr Grewer
verdeutlichte jedoch, dass die Bilanz aufgrund unterschiedlicher
Berechnungsgrundlagen nicht ohne Weiteres mit derjenigen anderer Städte
vergleichbar ist. Sie dient vor allem dem Vergleich der Jahreswerte der Stadt
Göttingen untereinander. Nach der Erläuterung des Göttinger CO2-Budgets
und der Göttinger Klimaziele präsentierten die Referent*innen den Klimaplan
Göttingen 2030, der im Juli 2021 veröffentlicht wurde. Die Themen Bauen und
Sanieren, Arbeiten und Wirtschaften, Mobilsein und Transportieren, nachhaltig
leben sowie Energie erzeugen und bereitstellen bilden die Handlungsfelder, mit
denen sich die Stadt auseinandersetzt. Dabei ist der Bereich der energetischen
Sanierung aus dem Bereich „nachhaltig bauen und sanieren“ das wichtigste Handlungsfeld,
an dem gearbeitet werden muss. Mit Förderungen und verschiedenen Projekten –
wie den Klimaschutz-Tagen, Stadtradeln, Projekten an Schulen und Kitas und
Projekten für energetisches Wohnen (hier die grüne Hausnummer und „Optiwohn“) –
sollen die Klimaziele erreicht werden und in der Gesellschaft ein Bewusstsein
für den Klimaschutz geschaffen werden. Die anschließende Diskussion zeigte,
dass die Abiturient*innen sehr interessiert an der Umsetzung kommunaler
Klimaziele sind.
Nach einem Input-reichen
Vormittag und frühen Nachmittag stand am später noch die Besichtigung des
BioWärmeZentrums Göttingens auf dem Programm, das Anfang 2020 in Betrieb
genommen worden war. Das Herzstück bildet dabei der Holzhackschnitzelkessel,
der nachhaltige Wärme durch den Einsatz von Biomasse erzeugt. Zur Verbrennung
kommt naturbelassenes, also unbehandeltes Altholz. Herr Edgar Kunz veranschaulichte
die verschiedenen Prozesse des Zentrums und erläuterte deren Relevanz.
Während der erste Exkursionstag einen
eher theoretischen Fokus hatte, ging es am zweiten Exkursionstag zu
verschiedenen Standorten im Göttinger Umland und im Harz. Die erste Station
bildete dabei die Bioenergie-Anlage Krebeck Wollbrechtshausen, die geographisch
in der Goldenen Mark gelegen ist. Im Fokus des Inputs von Herrn Dr. Tobias Reeh
und Herrn Dr. Steffen Möller stand dabei, wie Biomasse entsteht und welche
Prozesse durchlaufen werden, sodass endgültig Wärme und Strom erzeugt werden
können. Die Vor- und Nachteile einer Biogasanlage wurden dabei ausführlich
besprochen.
Im Anschluss fuhr die
Exkursionsgruppe weiter zur Sösetalsperre, an der die Genese des Harzes und die
Funktionen der Talsperren (Wasserkraft, Trinkwassergewinnung, Hochwasserschutz
und Niedrigwasseraufhöhung) von Herrn Dr. Steffen Möller dargestellt wurden.
Der dritte Standort war der
Oderteich. Nach einer ausgedehnten Mittagspause gab die Projekthilfskraft Jakob
Becker einen kurzen Input zu den juristischen Hintergründen einer Einordnung
von Kultur- und Naturstätten als UNESCO-Weltkultur- bzw. Weltnaturerbe, woran
ein Vortrag von Herrn Dr. Tobias Reeh und Herrn Dr. Steffen Möller anschloss. Dabei
wurden die Besonderheiten der Kulturerbestätten Bergwerk Rammelsberg, Altstadt
Goslar und Oberharzer Wasserwirtschaft genauer erläutert.
Den letzten Exkursionsstandort
bildete der Rehberger Graben, ein wesentlicher Bestandteil des
UNESCO-Weltkulturerbes. Dabei handelt es sich um einen erbauten Wassergraben,
der Ende des 17. Jahrhunderts angelegt wurde, um Wasser der Oder nach Sankt
Andreasberg umzuleiten. In den dortigen Bergwerken wurde es zur
Energieversorgung mittels Wasserrädern genutzt.
Auf der Rückfahrt zum Göttinger
Bahnhof tauschten die Teilnehmenden trotz aller Erschöpfung nach einem
spannenden Tag noch lange die verschiedenen Eindrücke aus.
Wir bedanken uns ganz herzlich
bei allen Beteiligten, die diese Exkursion möglich gemacht haben, besonders bei
Herrn Dr. Tobias Reeh und Mareile Steinsiek vom Geographischen Institut für die
Zusammenstellung und Organisation des sehr interessanten Programms!