In publica commoda

2.1 Vorbereitung

Für die Erstellung von barrierefreien Lehrangeboten müssen gewohnte Bahnen der Arbeitsgestaltung verlassen werden und mit veränderter Perspektive auf die Inhaltsaufbereitung und -vermittlung geschaut werden. Ein anfänglicher Mehraufwand nimmt mit zunehmender Erfahrung deutlich ab.

2.1.1 Finanzen, Personal und Zeit

Zu Beginn gilt es den organisatorischen Rahmen in Bezug auf Zeit, Personal und Finanzen abzustecken:

  • Welche Personen arbeiten mit welchem Stundenumfang mit? Welche Personen bringen welche Expertise mit? Gibt es die Möglichkeit, studentische Hilfskräfte anzustellen?
  • Gibt es ein Budget, das z. B. die Auslagerung einzelner Arbeitsschritte oder die Anschaffung von Technik erlaubt?
  • Besteht die Möglichkeit, Gelder für die barrierefreie Gestaltung in Form von Übersetzungen in die jeweilige Gebärdensprache, Audiodeskription und Untertitel oder professionelle Videoaufnahmen über universitätsinterne Zuwendungen oder externe Förderanträge einzuwerben?


Die Planung von Zeit, Personal und Finanzen hängt eng miteinander zusammen: Sind bspw. umfangreiche personelle Ressourcen vorhanden, ist der Zeitraum der Erstellung bei gut verzahnter Planung insgesamt kürzer. Steht hingegen ein höheres Budget an Sachmitteln zur Verfügung, können Arbeitsschritte extern vergeben und studentische Hilfskräfte zur Unterstützung angestellt werden.

Finanzen

Ein frei verwendbares Budget erlaubt es, einzelne Arbeitsschritte zu vergeben. Die externe Vergabe minimiert den eigenen Personalaufwand und kann, bspw. bei geringer technischer Expertise oder begrenzter Materialausstattung, die Qualität der Videos erhöhen.
Videoaufnahmen durch ein professionelles Videoteam (z. B. Videoteam der jeweiligen Universität) sind i. d. R. merklich hochwertiger als heimische Aufzeichnungen. Sie liefern eine exzellente Bild- und Tonqualität und fördern die Einheitlichkeit der Videos. Letzteres ist bspw. relevant, wenn Videos als Vorlesungsreihe produziert werden. Entscheidend sind u. a. die Ausleuchtung und das Arrangement des Bildausschnitts der sprechenden oder gebärdenden Person sowie die Position der eingeblendeten Präsentation im Videobild. Zudem kann der Leistungsumfang auch Aspekte der technischen Postproduktion umfassen, wie Schnitt, Aufnahme und Einfügen der Audiodeskription (AD) und Untertitelung (UT).
Für professionelle Übersetzungen der gesprochenen Videoversion in die Deutsche Gebärdensprache (DGS) kann mit Dienstleistungsfirmen zusammengearbeitet werden, die sich darauf spezialisiert haben, wie z. B. yomma oder ZFK.

Personal

Bei der Personalplanung sollten zeitliche Ressourcen genauso wie vorhandene Expertise im Team beachtet werden. Ganz entscheidend ist, dass betroffene Personen - u. a. taube und blinde Personen - im Team gleichberechtigt mitarbeiten und in die Qualitätsprüfungs- und Sicherungsprozesse einbezogen werden. Nach dem Motto ‚Nichts über uns – ohne uns‘ kann nur so sichergestellt werden, dass die Bedarfe in der Umsetzung passgenau und qualitativ angemessen adressiert werden.
Je nach Anzahl der Mitarbeitenden ist es sinnvoll, kleinere Arbeitsgruppen zu bilden, die entlang der persönlichen Expertise jeweils primär für ein Gebiet, wie z. B. die Koordination, inhaltliche Vorbereitung, AD oder Übersetzung in die DGS zuständig sind. So wird die Verantwortung aufgeteilt und nicht alle Beteiligte müssen sich gleichermaßen Fachwissen der einzelnen Gebiete aneignen.
Für andere Aufgaben, wie Korrektur- und Kontrollprozesse der Skripte, der Folien oder der UT ist es empfehlenswert, wenn sich das gesamte Team über koordinierte Feedback-Schleifen mit den Inhalten auseinandersetzt. Durch ein solches Mehr-Augen-Prinzip können Fehler am besten entdeckt und behoben werden. Regelmäßige Projekttreffen helfen, den Produktionsprozess als Ganzes abzusichern und anstehende Aufgaben und Abläufe zu besprechen und aufzuteilen.
In Abhängigkeit davon, welche Arbeitsschritte extern vergeben werden und welche beim Team verbleiben, können danach relational die Zuständigkeit des Personals und die Zeitlinie, sowie Überarbeitungsschleifen genau geplant werden.

Zeit

Bei einem anfänglichen Organisationstreffen sollte so konkret wie möglich eine Zeitlinie entworfen werden, die Zeiträume, Arbeitsaufgaben und Zuständigkeiten systematisch erfasst. Bei der zeitlichen Planung ist zu bedenken, dass manche Arbeitsschritte aufeinander aufbauen. So kann z. B. eine AD nicht ohne die bereits erarbeiteten Inhalte vorbereitet werden und eine Übersetzung in die DGS nicht ohne das bereits produzierte lautsprachliche Video oder Skript. Gleichermaßen müssen eigene Zeitlinien mit den ggf. extern vergebenen Arbeitsschritten abgestimmt werden. Dementsprechend sollten auch externe Angebote gleich zu Beginn eingeholt werden und die eigene Zeitlinie stetig an die extern gemeldeten Zeiträume und Bedingungen angepasst werden.
Wenn mehrere barrierefreie Videos produziert werden, ist es wahrscheinlich, dass der erste Produktionszyklus deutlich länger braucht als spätere, bei denen auf bereits gesammelte praktische Erfahrung in der Umsetzung aufgebaut werden kann und Abläufe im Team bereits systematisiert wurden.