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2.2.5 Transkription

Mit einer Transkription steht der Inhalt des Videos in einem separaten Textdokument zur Verfügung. Dadurch kann mit den Inhalten unabhängig vom Video gearbeitet werden, was auch für Prüfungsvorbereitungen hilfreich sein kann. Damit das Transkript von allen genutzt werden kann, ist es als barrierefreies Word- oder PDF-Dokument aufzubereiten. Es kann auch in mehreren Sprachen zur Verfügung gestellt werden.
Die vorhandenen Textdokumente wie Skript und/oder Untertiteldatei werden gleichermaßen für die Erstellung des Transkripts genutzt. Der Text der Audiodeskription (AD) muss ebenfalls ergänzt werden, sofern eine solche für das Video erstellt wurde. Die AD wird als Alternativ-Text (Alt-Text) für die verwendeten Grafiken eingefügt. Die im Alt-Text hinterlegten Informationen können dann als Alternative zur Grafik angezeigt werden. Bei längeren Deskriptionen kann der Alt-Text auch unter einer eigenen Überschrift nach der Abbildung (z. B. ‚Deskription der Abbildung X‘) in den Haupttext integriert werden. Nachdem die inhaltliche Textfassung steht, wird das Dokument entlang der Videogliederung bzw. Präsentation (wie z. B. Abschnitte, Überschriften, Folientitel) hierarchisch strukturiert. Bevor es veröffentlicht wird, muss das Dokument barrierefrei aufbereitet werden, damit die enthaltenen Informationen für alle Menschen zugänglich sind; dies betrifft auch mathematische Formeln. Wie Word- und PDF-Dateien barrierefrei aufbereitet werden, erklären bspw. die Leitfäden der TU Dresden oder der TH Köln. Eine sehr praxisorientierte Anleitung stellt der Online Selbst-Lernkurs des HessenHub zur Verfügung. Barrierefreie PDF-Dateien können dabei nur mit kostenpflichtigen Anwendungen, wie Adobe Acrobat Pro oder AxesWord, erstellt werden.

Die Transkription kann in unterschiedlichem Umfang erfolgen:

  • Ein einfaches Transkript ist eine Textfassung der lautsprachlichen und nicht-sprachlichen Inhalte (z. B. Textelemente der PPT Folien).
  • Ein beschreibendes Transkript verschriftlicht zusätzlich auch visuelle Informationen, wie bspw. Grafiken der PPT-Folien, die für das Verstehen wichtig sind (über die Texte der AD).
  • ggf. Übersetzung in weitere Sprachen

Im DaLeLe4All-Team haben wir uns für die Erstellung von beschreibenden Transkripten entschieden, damit die Dokumente einen Mehrwert für alle haben. Hierfür haben wir die bereits korrigierten Untertiteldateien zusammen mit den Folientexten und den Textfassungen der AD genutzt. Die Texte wurden in Word zusammengefügt und entlang der Präsentationsfolien strukturiert und hierarchisiert. Wir haben uns dabei für die Abfolge Folientext, Screenshot inhaltlich relevanter Abbildungen mit Alt-Text bzw. formatierte Tabelle, gefolgt vom Sprechtext entschieden. Nutzer*innen von Screenreadern lesen so erst die Folien und können den Folieninhalt noch im Hinterkopf haben, während der Sprechtext gelesen wird. Dies entspricht der Logik der Positionierung von AD im Video (siehe 2.2.2 Audiodeskription). Abschließend wurde der Text entlang der Kriterien zur Barrierefreiheit formatiert und als barrierefreies Word-Dokument exportiert. Sofern die Regeln für die barrierefreie Aufbereitung von Dokumenten bekannt sind, gelingt die Erstellung des Transkripts zügig.

Beispiel einer Transkriptstruktur: Das Bild zeigt einen Ausschnitt aus dem Transkript zu dem Video 'Frequenztabellen und Histogramme'. Unter der Überschrift mit der Foliennummer 9 folgt der Folientext samt einer formatierten Tabelle unter einer eigenen Überschrift. Anschließend folgt der Sprechtext ebenfalls unter einer eigenen Überschrift.
Abbildung 10: Beispiel eines Transkripts, das entlang der Präsentationsfolien strukturiert und hierarchisiert wurde.

Für die Umsetzung sind folgende Arbeitsschritte erforderlich:
  1. Entscheidung über den Umfang (einfaches oder beschreibendes Transkript)
  2. Erstellung des Transkripts
  3. ggf. Übersetzung (z. B. Englisch)
  4. Barrierefreie Aufbereitung der Dokumente
  5. Test mit Nutzer*innen, um sicher zu gehen, dass die Inhalte in der Form zugänglich sind

Tipps für die Praxis

  • Mathematische Formeln im Word-Editor zu schreiben sollte vermieden werden. Sie werden von manchen Screenreadern nicht gut erkannt, sodass die wiedergegebene Lesart bei den Nutzer*innen zu Verwirrung führen kann. Im Test gab der Screenreader JAWS bspw. einen im Word-Editor formatierten Bruch uneindeutig als ‚x über y‘ aus. Achten Sie bei der Wahl des Ausgabeformats daher darauf, dass die entsprechende Formatsprache auch von den gängigen Screenreadern unterstützt wird. Da es nicht möglich ist, im Editor geschriebene Formeln mit Alt-Texten zu versehen, werden Formeln zugänglich, indem ein Screenshot der Formel im Transkript eingefügt wird. Etabliert hat sich hier die Vorgehensweise, den Quellcode des Drucksatzsystems LaTeX in den Alt-Text des Screenshots aufzunehmen. Zugehörige AD-Texte können zusätzlich im Alt-Text hinterlegt werden (siehe Abbildung 11). Für das Beispiel des Bruchs ergibt sich dann durch den LaTeX-Code eine eindeutige Ausgabe als ‚\frac{Zähler}{Nenner}‘. Voraussetzung hierfür ist, dass die Nutzer*innen LaTeX-Codes verstehen. Sie können bspw. den Codecogs Konverter nutzen, um Ihre Formeln in LaTeX-Code umzuwandeln.
  • Während im Lehrvideo inkludierte Tabellen bei inhaltlicher Relevanz eine AD benötigen, die mindestens Thema, Spalten- und Zeilenbeschriftung nennt, werden diese im Transkript als Tabelle nach Barrierefreiheitsstandards formatiert. So sind Tabellen für Screenreaderlesbar und die Einfügung der AD-Texte entfällt.
  • Sofern auf den Präsentationsfolien mehrmals die gleiche Abbildung gezeigt wird, muss diese nicht unbedingt wiederholt im Transkript eingebunden werden. Alternativ kann das erneute Vorhandensein der Abbildung auf der Folie im Transkript benannt werden und ein In-Text-Verweis auf den vorherigen Textabschnitt „siehe Folie XY“ gesetzt werden (siehe Abbildung 10). So wird auch klar, dass die Abbildung nicht vergessen, sondern absichtlich nicht erneut eingefügt wurde. Eine Wiederholung der gleichen Abbildung ist allerdings mindestens für Screenreader Nutzer*innen auch nicht störend, da ein Zurück-Navigieren bzw. Hin-und-Her Springen entfällt und ein Überspringen zur nächsten Überschrift durch Tastenkürzel leicht möglich ist.
  • Abbildungen aus der Präsentation können in das Transkript übernommen werden, auch wenn sie inhaltlich nicht absolut relevant sind. Wir haben bspw. im Lehrvideo ‚Daten im 21. Jahrhundert‘ die Screenshots der Startseiten von Amazon und Tinder in das Transkript mit aufgenommen, weil sie von Studierenden mit Restsehvermögen vergrößert und schneller genutzt werden können als Bildbeschreibungen. Solche Abbildungen benötigen dennoch einen Alt-Text, um für alle Nutzende zugänglich zu sein.
  • Alt-Texte von Abbildungen sollen kurz und prägnant sein und die Eingabemaske in Word lässt keine Formatierungen zu. Die AD-Texte unter der Abbildung mit einer eigenen Überschrift in den Haupttext des Transkripts zu integrieren kann dementsprechend sinnvoll sein, wenn es sich um eine längere Beschreibung handelt oder wenn der Text spezifische Formatierungen enthalten muss. Wenn allerdings viele längere Abbildungsbeschreibungen im Haupttext enthalten sind, kann das Transkript schnell aufgebläht wirken. Abhilfe kann hier ein barrierearmes PDF schaffen. Im PDF ist es möglich, eine eigene Datei mit den längeren Alt-Texten in das Hauptdokument einzubetten und aus den Alt-Texten der jeweiligen Grafik zu verlinken. Im PDF gibt es zudem einen guten Gestaltungsspielraum bei der Formatierung der Alt-Texte.
  • Lassen Sie die fertigen Transkripte, sofern möglich, von Nutzer*innen von Screenreadernprüfen. Das Feedback zu spezifischen Details hilft der optimalen Aufbereitung und Ihrem zukünftigen Prozess, Transkripte zu erstellen.
  • Ebenso kann es sinnvoll sein, persönliche Vorlieben von Screenreader Nutzer*innen (sofern Sie diese kennen) in Bezug auf Struktur und Darbietung zu erfragen und bei der Erstellung des Transkripts zu beachten. Da keine Standard-Regeln für Transkripte feststehen, müssen Sie, basierend auf den Logiken der Anforderungen von Screenreadern und barrierefreien Dokumenten, immer wieder Entscheidungen treffen. Persönliche Vorlieben und Hinweise helfen Ihnen dabei, passend aufgearbeitete Transkripte zu erstellen.


Beispiel, wie eine mathematische Formel im Transkript zugänglich geschrieben werden kann: Im Text des Transkripts ist die mathematische Formel zum Bilden der Summe der Werte farblich umkreist. Die Formel wurde als ein Screenshot in das Transkript eingefügt. Von der Umkreisung führt ein gleichfarbiger Pfeil nach rechts zum geöffneten Bearbeitungsfenster der Grafik. Der Reiter 'Alternativtext' ist ebenfalls farbig markiert und ausgewählt. Die Ansicht zeigt die Maske zum Einfügen eines Alternativtextes für eine Abbildung in Word. Der Alternativtext beginnt mit dem LaTeX Code der mathematischen Formel gefolgt von der semantischen Beschreibung.
Abbildung 11: Beispiel einer mathematischen Formel, die über einen Screenshot in das Transkript gefügt wurde. In den Alternativtext der Abbildung wurde der LaTeX-Code und der Text der AD eingefügt.